86 Werke aus der ZF Kulturstiftung
Hervorragender Vertreter der klassischen Moderne
Otto Dix (1981-1969) ist einer der hervorragenden Vertreter der klassischen Moderne in der Kunstgeschichte. In seinem vielfältigen Œuvre saugt der gebürtige Geraer die Einflüsse seiner Epoche wie z. B. Impressionismus, Expressionismus und Neue Sachlichkeit auf – und findet zu einer eigenen Bildsprache.
Sein Einsatz im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger prägt seine Bildthemen und seinen Menschenbild nachhaltig. In der Diktatur des Hitler-Faschismus wird er als „entarteter“ Künstler diffamiert. 260 seiner Werke müssen aus den Museen verschwinden, werden beschlagnahmt, verkauft und auch teilweise zerstört. 1933 muss er auch seine Professur an der Kunstakademie Dresden, die er seit 1927 innehat, aufgeben. Resigniert zieht er sich an den Bodensee zurück.
1945 wird er zum sogenannten Volkssturm eingezogen und gerät im Elsass in Gefangenschaft, im Februar 1946 kehrt er zurück. Ab 1947 nimmt er seine Ausstellungstätigkeit wieder auf.

Die Ausstellung im Museum Moderner Passau zeigt 86 Werke aus der ZF Kulturstiftung. Die ZF Group Passau, der zweitgrößte Industriebetrieb Niederbayerns, betreibt seit den 1960er Jahren eine rege Sammlungstätigkeit. Die Stiftung verstehe sich „als stiller Förderer“ und auch „als Trägerin und Bewahrerin eines wertvollen kulturellen Erbes“ sowie „als aktiver Gestalter des Kunstlebens unserer Region“, so Gernot Hein, Vorsitzender des Vorstands der Kulturstiftung der ZF Passau GmbH.
Dauerleihgabe im Zeppelin Museum Friedrichshafen
Die Dix-Werke, die jetzt in Passau zu sehen sind, befinden sich als Dauerleihgabe im Zeppelin-Museum in Friedrichshafen, wo auch der Hauptsitz der ZF Group ist.

Die Ausstellung in Passau ist klug arrangiert und schön gehängt. Kuratorin Anna Wagner verantwortet auch die Inhalte im Katalog, herausgegeben von Museumsdirektorin Dr. Marion Bornscheuer, – mit vielen interessanten Zitaten des Künstlers.
85 Werke auf Papier und ein Ölgemälde sind bis 12. Oktober im Museum Moderner Kunst zu sehen.
Machen Sie einen Kunstspaziergang mit mir!
Wollen Sie sich mit mir auf einen Kunstspaziergang durch die Ausstellung begeben? Ich habe für Sie markante Werke ausgewählt, die man angesichts der Fülle auf keinen Fall übersehen sollte.
„Vanitas“ eine Ikone der Kunstgeschichte
Lassen Sie uns mit dem Werk beginnen, das eine Ikone der Kunstgeschichte geworden ist: „Vanitas“ in Mischtechnik auf Holz aus dem Jahr 1932.
Otto Dix malte diese Szene als Professor für Malerei an der Akademie in Dresden. Er widmete sich in dieser Zeit kunstgeschichtlichen Themen. Eines davon war das „vanitas“-Motiv über die Vergänglichkeit des Lebens. Das Bild hat zwei Ebenen: Es zeigt Jugend und Alter. Im Vordergrund steht die junge, strahlende Blondine, lebensfroh und sinnlich mit makellosem Körper vor hellem Grund. Die zweite Bildebene zeigt sie als alte Frau. Ausgezehrt, gekrümmt mit Falten und grimmigem Blick und grotesk verzerrtem Gesicht vor dunklem Hintergrund. Das Werk ist das einzige Ölbild in der Passauer Schau und gilt als eines der Hauptwerke im Œuvre des Malers.
Erfahrungen im Ersten Weltkrieg
Lassen Sie und weitergehen in einem Raum, der sich einem der wichtigsten Themen von Otto Dix widmet – und den man gerade heute besonders im Blick nehmen sollte: den Krieg. Otto Dix, der sich freiwillig im Ersten Weltkrieg an die Front meldete. „Alles muss ich sehen. Alle Untiefen des Lebens muss ich selber erleben, deswegen gehe ich in den Krieg.“ In seinem Einsatz hat Erlebnisse gehabt, die existenziell waren. Er schreibt: „Der Krieg ist eben so etwas Viehmäßiges: Hunger, Läuse, Schlamm, diese wahnsinnigen Geräusche…“ Werke aus seiner Mappe „Der Krieg“ von 1924 sind ausgestellt. Es sind Radierungen, die zeigen, welches Leid Menschen durch Krieg zugefügt werden: z. B. „Transplantation“, „Gastote von Fort Vaux in Frankreich“ und „Leiche im Drahtverhau (Flandern)“.
Menschenbild

Betrachten wir in mehreren Räumen, wie Otto Dix Menschen darstellt. Das Menschenbild Otto Dix‘ ist sowohl von seinen Erfahrungen im Krieg als auch von den gesellschaftlichen Spannungen, die er in der Nachkriegszeit erlebte, geprägt. Er stellt einfache Leute aus der Unterschicht dar und konzentriert sich dabei Phänotypisches, das er übertrieben bis verzerrt zeigt. In Passau sind z. B. zu sehen: Eine Radierung aus der Mappe Zirkus von 1922: „Illusionsakt“; ein Probedruck der Farblithografie „Die Kupplerin“ von 1923, ein „Liegender Akt (Sitzende mit Zigarette), ebenfalls Probedruck von 1924 und die sehr bekannte Farblithografie „Leonie“ von 1923. „Matrose und Mädchen“ ebenfalls. Dies ist auch das Besondere der Ausstellung: Es sind Zustandsdrucke in verschiedenen Farbabstufungen zu sehen, besonders verdeutlicht in der Hängung von „Matrose und Mädchen“, ebenfalls Farblithos von 1923.

Weniger grotesk sind seine Menschendarstellungen der Nachkriegszeit, z. B. „Mädchen mit Hut“ (Farblitho, 1948), „Die Sphinx“ (Zeichnung, 1969), „Mann und Mädchen“ (Litho, 1961), „Kind mit Sonnenblume“, (Litho, 1948).

Gar herzig sind seine Kinderporträts, z. B. „Kind mit Katze“ (Litho 1964) und „Zwei Kinder mit Sonnenblumen“ (Nana und Marcella), eine Farblithografie von 1966.

Welche Überraschung, dass ich in der Ausstellung Enkeln Nana und ihrer Tochter Zoē begegnete, die dieses Litho ihres berühmten Verwandten über dem Esszimmertisch hängen haben! Die charmante Dame hat viele liebe Erinnerungen an ihren Opa und freute sich über die Schau und den großen Zuspruch der Besucher.
Zwei Selbstporträts, die den Künstler 1957 (Litho) und 1960 (Holzschnitt) zeigen sowie ein liebliches „Selbstporträt mit Marcella“ (Litho, 1969) sollte man nicht übersehen.
Christliche Thematik

„Das sind Motive, die eben derart aktuell sind, fortwährend aktuell, dass man sie nicht übersehen kann“, schrieb Otto Dix zur Bearbeitung seiner religiösen Motive, mit denen er sich immer wieder beschäftigt. So hat er z. B. eine Mappe zum „Matthäus-Evangelium“ 1960 gestaltet. Sehr beeindruckend ist das schwarz-weiß gehaltene Motiv des leidenden Christus mit Dornenkrone („Christus“, Litho, 1956) oder zwei Arbeiten zum Thema Schweißtuch der Veronika (Lithos, 1948 und 1950).
Ja – und dann ist da auch der Hahn, das Plakatmotiv der Schau, das mit der Bibelgeschichte um Petrus und seine Verleugnung Jesu konnotiert ist. Die Ausstellung zeigt dazu eine Serie mit dem schreienden „Hahn vor der Scheune“ und der aufgehenden Sonne im Hintergrund. 8 Blätter von 1968 offenbaren den Entstehungsprozess der mehrfarbigen Lithografie sehr anschaulich.
Die Ausstellung dürfte der Höhepunkt im Jahr 2025 im Museum Moderner Kunst sein. Unbedingt ansehen!
Die Ausstellung geht bis 12. Oktober im Museum Moderner Kunst, Passau, Bräugasse 18; Öffnungszeiten sind täglich von 10 bis 18 Uhr außer montags.
Der ausgezeichnete Katalog kostet 15 Euro.