Enthusiastisch gefeiert: „Klangzauber“ in Passau

Wurden mit großem Jubel bedacht: Gastpianist Bernd Franz Glemser (l.) und Chefdirigent Ektoras Tartanis. © Landestheater Niederbayern/Sophia Wimmer

Landestheater Niederbayern eröffnet mit

Sinfoniekonzert und Bernd Franz Glemser

 

Erstmals hat das Landestheater Niederbayern seine Saison mit einem Sinfoniekonzert eröffnet. Und was für einem: „Klangzauber“ hat es Chefdirigent Ektoras Tartanis genannt und am Samstagabend im Fürstbischöflichen Opernhaus in Passau impressionistische Musik vorgestellt.

Der Höhepunkt war Sergej Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 in d-Moll op. 30. Dafür hat Tartanis den international bekannten Pianisten Bernd Franz Glemser gewonnen. Neben seiner konzertierenden Tätigkeit ist er Professor an der Würzburger Musikhochschule. Er hat bereits zwei Aufnahmen dieses Klavierkonzerts des russischen Komponisten eingespielt.

Bernd Franz Glemser spielt als Zugabe ein Prélude von Rachmaninow. © Landestheater Niederbayern/Sophia Wimmer

Sympathisch, dass Ektoras Tartanis  erzählt, dass er mit Glemsers Aufnahmen dieses Musikstücks aufgewachsen ist und dass dieses Konzert deshalb ein besonderer Moment für ihn persönlich sei. Glemsers Interpretation ist phänomenal: Er hat nicht nur eine brillante Technik die schwierigen und schnellen Läufe scheinbar spielerisch zu bewältigen; nein er durchdringt das Werk in so hohem Maße, dass er blitzschnell von einem kräftigen, berserkerhaften Anschlag zu einem zarten, butterweichen wechseln kann. Dabei hat er eine ausgezeichnete Dynamik, die immer wieder aufhorchen lässt. Und: Er kann ein breites emotionales Spektrum bedienen. Da ist die Schlichtheit eines kindlichen Volksliedtons bis zu einem wilden Furor der Klavierkadenz. Der Zuhörer fühlt, sieht und hört: Dieser Pianist ist so ganz bei sich und bei der Musik. Einfach großartig! Wunderbar ist auch seine Kommunikation mit Dirigent Ektoras Tartanis. Die beiden sind stets in Kontakt: Tartanis dreht sich zu ihm um, Glemser reagiert auf ihn und auf das Orchester. Die Niederbayerische Philharmonie zeigt, was sie kann. Auch wenn Glemser ein atemberaubendes Tempo anschlägt, sie kommt – fast immer – mit. Das Publikum erzwingt mit enthusiastischem Applaus eine Zugabe von Glemser. Ein Rachmaninow-Prélude erfreut die Besucher.

Auch der Rest des Programms, der vor der Pause gespielt wird, ist exquisit. „Einen klanglichen Reichtum“ wolle er zeigen, so der Chefdirigent, und das ist ihm mit diesem Konzertabend gelungen. Am Anfang steht eine Rarität: Jean Sibelius‘ „Belhazaars Fest“, op. 51 – ein wenig bekanntes Stück des finnischen Musikers. Der viersätzigen Orchestersuite liegt eine Bühnenmusik zu Grunde. Schon der erste Satz ist faszinierend: Eine Marschmusik baut sich zaghaft in immer dichter werdenden Tönen auf, das laute Crescendo ebbt schließlich wieder ab, bis sich der Marsch in der Ferne leise zu verlieren scheint. Die Niederbayerische Philharmonie folgt dem exakt geschlagenen Dirigat von Ektoras Tartanis akkurat und feinsinnig. Der Dirigent spricht die Instrumentengruppen ebenso direkt an wie die Solisten, auch hier stimmt die Kommunikation. Jeder der Sätze ist eine kleine Preziose für sich. Im zweiten stechen die Soloinstrumente Bratsche und Cello wundervoll hervor. Ein Sirren und Flimmern durch die Geigen hebt die Konzertbesucher in ätherische Sphären. Im dritten Satz sind erst die Flöte, dann die Klarinette im Vordergrund. Im vierten Satz liefern sich Soloklarinette und Piccoloflöte ein Gefecht….

Als weiteres Stück hat der Chefdirigent Maurice Ravels „Ma mère l’oye“ (Meine Mutter, die Gans) gewählt. Fein, einmal etwas anderes von Ravel zu hören als den überall präsenten „Boléro“. Hier komponierte der Franzose eine ganz andere Welt.  Von Charles Perraults Märchensammlung „Meine Mutter, die Gans“ ließ sich Ravel zu einem vierhändigen Klavierstück inspirieren und komponierte schließlich eine fünfsätzige Suite für Orchester. Es sind unabhängige fein gebaute Petitessen, die Märchenpersonal zum Inhalt haben, z. B. Dornröschen, Däumeling oder die Schöne und das Biest. Der Komponist hat dafür einen schillernde farbige Orchestrierung gefunden; Dirigent Ector Tartanis nimmt jede Farbe und noch so kleine Instrumentation auf. Da klingt zum Beispiel die erste Suite in einem herrlich schwebenden Pianissimo der Geiger aus; in der zweiten darf die Piccolo-Flöte mit dominanten Spiel pickende Vöglein geben. In der vierten Miniatur entwickelt sich ein Gespräch zwischen Klarinette und Kontrafagott. Köstlich ist hier der Gegensatz von der weichen Tonskala (der Schönen) bis zur polternden (des Biests), das sich schließlich in einen Prinzen verwandelt. Das alles mündet in lieblichen Obertönen von Sologeiger Christian Scholl, der Konzertmeister der Niederbayerischen Philharmonie ist. Die letzte Miniatur endet in einem Klangrausch.

Die Niederbayerische Philharmonie mit Chefdirigent Ektoras Tartanis (r.) und Konzertmeister Christian Scholl. © Landestheater Niederbayern/Sophia Wimmer.

Das Motto „Klangzauber“ war sehr richtig gewählt, denn dieses Konzert, mit der die Niederbayerische Philharmonie eine neue, das Publikum begeisternde Qualität gewonnen hat, verbreitete Zauberklang, wie es ein begeisterter Besucher an der Garderobe des Opernhauses formulierte. Das Spektrum der impressionistischen Musik von der kleinen wie hingetupften Phrase, dem Schuss Exotik und dem atmosphärisch dichten Klangteppich hat das Publikum zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

Heute, 22. September, wird „Klangzauber“, das erste Sinfoniekonzert in der Reihe der Niederbayerischen Philharmonie im Theaterzelt in Landshut wiederholt. Beginn ist bereits um 18 Uhr.

Es gibt noch Karten; die Kasse ist ab einer Stunde vor Vorstellungsbeginn geöffnet .