Pannen, Pech und Pleiten auf der Bühne

Ensemble: Paul Behrens (Inspektor Carter), Larissa Sophia Farr (Florence Colleymoore), Stefan Merten (Thomas Colleymoore), Tabea Günther (Annie), Johannes Jakubik (Bühnentechniker), Joachim Vollrath (Trevor), Benedikt Schulz (Cecil Haversham), © Landestheater Niederbayern/Peter Litvai

Landestheater Niederbayern zeigt „Mord auf Schloss Haversham“

Theater auf dem Theater – das zieht als Thema ist immer. Das dachten sich wohl auch die drei arbeitslosen Londoner Schauspielstudenten Henry Lewis, Jonathan Sayer und Henry Shields, als sie „The Play that goes wrong“ (Das Spiel, das falsch lief) schrieben. Das Stück war nicht nur top am Londoner Westend, sondern schaffte es erfolgreich an den New Yorker Broadway. Auf Deutsch ist es unter dem Titel „Mord auf Schloss Haversham“ herausgekommen.

Am gestrigen Freitag war Premiere am Landestheater Niederbayern in der Regie von Veronika Wolff und in der Ausstattung von Sabine Lindner.

Die Schauspieler Annie, Sandra, Jonathan, Robert, Max, Dennis und ein Bühnentechniker richten sich auf der Bühne ein, um einen Krimi zu zeigen – bei dem so ziemlich alles schief geht, was schief gehen kann.

Szenenbild: ein Herrenzimmer

Das Setting ist ein Herrenzimmer in einem britischen Schloss. Regulator an der Wand, Feuer im Kamin, Ahnenbild mit Hund, Chaiselongue, Telefon und einem ächzenden „Lift“.

Bis das Arbeitszimmer herunterbricht

Krimi-Thrill mit Rotlicht: Reinhard Peer (Perkins), Stefan Merten (Thomas Colleymoore). © Landestheater Niederbayern/Peter Litvai

Als Charles Haversham (Jochen Decker) tot aufgefunden wird, kommt die Geschichte ins Rollen – man sollte besser sagen: ins Sichüberschlagen. Denn alle möglichen Pannen, die am Theater passieren können, treten ein: Texthänger  und Regieanweisungen sprechen und Wiederholungen in Endlosschleife sind noch das geringste Übel. Ebenso, dass der Krimi-Thrill und das Rotlicht bei den eingefrorenen Szenen ausblieben. Dann kann weder die Leiche rausgeschafft werden, weil die Trage durchbricht, noch kann das ohnmächtige Fräulein Florence Colleymore (Larissa Sophia Farr), die verlobte des Toten,  ohne Mühe und kuriose Verrenkungen aus dem Fenster gehievt werden. Passende Requisiten fehlen – und andere müssen dafür herhalten. Ein imaginärer Hund darf sich aufführen und ein Schneesturm aus Blättern hereinbrechen. Das alles steigert sich noch, bis schließlich das Arbeitszimmer des Adeligen herunterkracht . . .

Eifersucht und geheime Liebe

Natürlich gibt es in der dreiaktigen Komödie auch Handlung: Inspektor Carter (Paul Behrens) ermittelt wegen der Leiche, eine verbotene Liebe von Florence zu dessen Bruder Cecil (Benedikt Schulz), ihren eifersüchtigen Bruder Thomas Colleymore (Stefan Merten) – und  Diener Perkins (Reinhard Peer), der stets zur Hand geht.

Dann gibt es noch zwei, die außerhalb dieser Truppe stehen sollten: der Regisseur Trevor (Joachim Vollrath), der oft eingreifen muss, sei es als Stichwortgeber des Textes, als Handwerker mit Akkuschrauber oder gar als Florence (köstliche Szene) – damit die Liebesgeschichte weitergehen kann. Statistin Annie (Tabea Günther) leiert zunächst den Text der ohnmächtigen Florence herunter, bekommt aber dann Gusto aufs Spiel und prügelt sich mit der „Erstbesetzung“ um die Rolle. Zickenkrieg, wie ihn wohl schon so mancher Intendant oder Regisseur erlebt hat. . .

Das alles ist so eng verzahnt mit dem Text und wird punktgenau gebracht. Clownerien, Slapstick, Degenduell – für diese rasante Komödie haben das britisch-amerikanisches Komiker-Duo Stan und Ollie ebenso Pate gestanden wie Miss Sophie und ihr ergebener Diener. Und bisweilen sieht man auch den hintergründigen Humor von Loriot durchblitzen.

Tolle Ensembleleistung

Sorgt für Überraschungen: Paul Behrens (Inspektor Carter). © Landestheater Niederbayern/Peter Litvai

Dass dieses actionreiche Stück überhaupt in dem geforderten Spieltempo gelingen kann – dafür braucht es ein sehr spielfreudiges und körperlich agiles Ensemble. Die Schauspieler des Landestheaters Niederbayern haben bewiesen, dass sie das draufhaben. Sie zeigen enormen Körpereinsatz und perfekte Mimik und Gestik zu jedem hereinbrechenden Missgeschick. In dieser Tür-auf-Tür-zu-Komödie wird nicht nur gerannt und gefallen, sondern auch akrobatisch geturnt und steil gerutscht, so dass man als Zuschauer schier Angst um die Gesundheit der Agierenden hat. Aber gekonnt ist eben gekonnt!

Pannen, Pech und Pleiten auf der Bühne: Das bedeutet einen lustigen Abend  im Zuschauerraum. Verraten sei noch: Es gibt einen zweiten Toten, und der Mörder ist nicht immer der Gärtner.

Weitere Vorstellungen:

Landshut: 12., 13., 26., 27. Oktober, 2., 3. November, 29., 31. Dezember (2 Vorstellungen)

Passau: 5., 6., 18., 19., 20. Oktober, 14. März, 13. April