In Passau bekommt Kunst eine Plattform
Seit 1970 gibt es die Auszeichnung Kultureller Ehrenbrief für Schaffende aus Kunst und Kultur in der Stadt Passau. Dass an dieser Tradition schon über 50 Jahre festgehalten wird, ist nicht genug zu loben. Dafür wird eine Plattform gewählt, die auch den Veranstaltern zur Ehre gereicht: Die Verleihung findet in festlichem Rahmen statt im Großen Rathaussaal mit den Malereien zum Thema Nibelungenlied und Kaiserhochzeit; Rathauschef Jürgen Dupper persönlich hält die Laudationes – am Tisch mit Landrat Raimund Kneidinger und Bürgermeisterin Erika Träger, Vorsitzende des Kulturausschusses –, ein gutes Menü mit passender Weinbegleitung ehrt die Ausgezeichneten ebenso wie die Gäste, die sich auch über eine pfiffigen musikalischen Beitrag sowie über die atmosphärische „Garnitur“ durch die Passauer Goldhaubenfrauen erfreuen. Das alles zeugt von Wertschätzung – und genau das haben die Kulturschaffenden auch verdient. Der Stadtrat entschied einstimmig, wer den Ehrenring bekommt.
Hier seien in alphabetischer Reihenfolge die Geehrten genannt.
Theatermann Gerhard Bruckner
Der gebürtige Passauer (Jahrgang 1961) ist nach seinem Studium der Theaterpädagogik in Köln nach Passau zurückgekehrt und arbeitete zunächst als Regieassistent von Sigi Zimmerschied im Scharfrichterhaus. 1998 begann er mit seinem Projekt „Theater Brût“ mit der Lebenshilfe. Es ist eine Theaterform, die Inklusion zum Ziel hat und mit Behinderten arbeitet. Dafür wurde er mit dem Kulturpreis des Landkreises und dem Kulturpreis Bayern ausgezeichnet. Oberbürgermeister Jürgen Dupper: „Gerhard Bruckner leistet nicht nur einen erheblichen Beitrag zur städtischen freien Theater, auch die Möglichkeiten von Inklusion im Kulturbereich erreichen durch eine Arbeit eine neue Dimension.“
Eine schöne Geste: Bruckner hatte neben den langjährigen Wegbegleitern Rudolf Klaffenböck und Gerlinde Feicht auch Spieler des Theater Brût zur Verleihung eingeladen.
Generalmusikdirektor Basil H. E. Coleman
Der gebürtige Londoner (Jahrgang 1963) kam 1997 als Erster Kapellmeister an das Theater Passau. Im Jahr 2000 machte er einen Abstecher an die Theaterakademie Everding in München und leitete dort die Musicalklasse. Nach einem Jahr kehrte er zurück und wurde Musikdirektor des Landestheaters Niederbayern. „Dort gibt er den Takt an für circa 120 Beschäftigte“, so OB Jürgen Dupper, der fortfuhr: „Unter seiner Leitung gewann das Orchester hinsichtlich Umfang, Anspruch und Leistung deutlich an musikalischem Format“, so Dupper. Coleman erreichte auch die Umfirmierung des Orchesters als Niederbayerische Philharmonie. Er wurde schließlich zum Generalmusikdirektor ernannt. Dupper erwähnte die zahlreichen Reihen und neuen Formate, die Coleman eingeführt hatte: den Belcanto-Zyklus, die Kammermusik- und Sinfoniekonzerte, die Kinderkonzerte, die Musical-Reihe, die Christmas-Panto, die er von Großbritannien importierte und als Höhepunkt „Der Ring des Nibelungen“ in der Dreiländerhalle. „Als Dirigent verfügt Herr Coleman über ein breites Repertoire, das von Mozart bis zur Moderne reicht.“ Dupper sprach auch von dem „ikonischen Bild“, das den Generalmusikdirektor beim Schaufeln von Schlamm aus dem Opernhaus nach dem Hochwasser 2016 zeigte.
Basil H. E. Coleman hatte neben seiner Frau und einem seiner beiden Söhne auch die Theaterspitze mitgebracht, mit der er jahrzehntelang zusammengearbeitet hatte: Intendant Stefan Tilch, den früheren Zweckverbandsgeschäftsführer und Verwaltungsdirektor von Landshut, Rudi Senff, sowie den Verwaltungsdirektor des Passauer Theaters, Ralf Schützenberger.
Rosemarie Weber, EW-Vorstandsvorsitzende
Die einzige Dame unter den Geehrten war Rosemarie Weber, Rechtsanwältin, EW-Vorstandsvorsitzende und langjährige Stadträtin. Die gebürtige Grafenauerin ist seit 2006 als Anwältin in Passau tätig nach ihrem Jura-Studium an der LMU München und ihrem Referendariat in Passau und Landshut sowie ihrer wissenschaftlichen Assistenz am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Uni Passau. Ausgezeichnet wurde sie an diesem Abend allerdings für ihr ehrenamtliches Engagement für die Festspiele Europäische Wochen. Seit 2013 fungierte sie als Schriftführerin, 2013 wurde sie Vorsitzende unter Willi Schmöller. „Damit rettete sie das prestigeträchtige und überregionale Festival zum ersten Mal“, so Oberbürgermeister Dupper. Ein weiteres Mal habe Rosemarie Weber die EW gerettet, als sie als Vorsitzende die finanzielle Schieflage des Festivals erkannt hatte und mit „klarem Sachverstand und unermüdlichen Einsatz wieder in gerade Bahnen gelenkt hatte“, so Dupper.
Der EW-Vorstandsvorsitzenden, die ihren Ehemann, Sohn und Schwiegertochter zur Feier mitgebracht hatten, gratulierten auch der langjährige Sponsor der EW, Hans-Georg Härter, Altintendant Dr. Pankraz Freiherr von Freyberg, selbst Träger des Kulturellen Ehrenbriefs, sowie Intendant Dr. Carsten Gerhardt, der extra aus München gekommen war.
Bürgermeister Armin Dickl
Er wurde für 15 Jahre im Stadtrat mit dem Ehrenring ausgezeichnet. Der gebürtige Passauer, Jahrgang 1982, und selbständige Unternehmer sei schon in jungen Jahren Mitglied des Jugendbeirat gewesen, bis er schließlich der JU Passau-Stadt wurde. Mit 26 Jahren wurde er der jüngste Stadtrat Passaus. Ab 2011 wurde er der Chef des Heininger CSU-Ortverbandes. Jürgen Dupper hob auch seine Tätigkeit im Verwaltungsrat für die Hans-Carossa-Grundschule und das Schulzentrum sowie für die Volksschule St. Nikola hervor. Außerdem betonte er seinen Einsatz auf der Delegationsreise zu 40 Jahre Städtepartnerschaft Passau-Akita, bei der er Delegationsleiter war.
Der Bürgermeister hatte seine Familie mit Gattin, Zwillingbuben, Schwester und Mutter mitgebracht und OB Dupper hob hervor, dass ein solches Engagement nur möglich sei, wenn es die Familie mitträgt.
Die musikalische Gestaltung des Abends lag in den Händen von Batava Brass mit Michael Lakota (Trompete), Michael Beck (Trompete), Konstantin Kümmelschuh (Posaune) und Hans Eibl (Tuba). Gespielt wurden u. a. „ ´s Wonderfull“ von George Gershwin, das Spiritual „Wade in the Water“ und „Maple Leave Rag“ von Scott Joplin.