Galaabend mit Sopranistin Emily Pogorlc bei den Europäischen Wochen Passau
Die Europäischen Wochen haben zu ihrem 70. Geburtstag sich selbst und das Publikum mit einem Galaabend mit Arien aus italienischen und französischen Opern und Operetten beschenkt. Mehr als 1200 Musikfreunde sind am Samstagabend bei hochsommerlichen Temperaturen in die Dreiländerhalle nach Passau gekommen, um Startenor Rolando Villazón zu erleben.
Zum zweiten Mal war der gebürtige Mexikaner in Passau. 2017 war er Gast der Reihe MENSCLHEN in EUROPA und sprach die Laudatio auf seinen Entdecker und Mentor Plácido Domingo. Dieser wurde damals für sein musikalisches Werk in Europa und der Welt geehrt sowie für sein soziales Engagement als Botschafter der Hilfsorganisation SOS‐Kinderdörfer geehrt. Damals konnte man den Tenor allerdings „nur“ als launigen Redner erleben.
Rolando Villazón und Emily Pogorlc im Duett
Als Sänger trat er in Passau erstmals am Samstag auf. Und: Er hatte eine ebenbürtige Gesangspartnerin dabei: Sopranistin Emily Pogorlc. Die Amerikanerin debütierte 2020 in München und war u. a. in der Landeshauptstadt u.a. in „L‘ elisir d’amore“, „La Bohème“ und „Gianni Schicchi“ zu erleben.
Natürlich stand er im Mittelpunkt: Rolando Villazón, der schon beim ersten Auftritt einen Jubelsturm des Publikums erntete. Charmant und gut gelaunt, wie er sich immer zeigt, jonglierte er mit Äpfel, flirtete mit seiner Bühnenpartnerin, plauderte, wie wichtig es sei, wieder gemeinsam Kunst zu erleben und wie er sich freue, vor einem Publikum zu stehen. Er ist ein Bühnenprofi, und wer ihn mal außerhalb eines Konzerts erlebte, weiß, die freundliche Haltung ist nicht gespielt. Er ist einfach so. Und doch ist er kein Dauerclown, wie manche Medien ihn nennen.
Glanz und Schmelz sind wieder da
Als Sänger, von Domingo beim Gesangswettbewerb „Operalia“ 1999 entdeckt, hatte er seinen großen Durchbruch bei den Salzburger Festspielen 2005 mit „La Traviata“. Auf große Erfolge folgten – krankheitsbedingt – große Krisen. Eine Operation und mehrere Krankheiten haben die Stimme verändert – und doch ist sie schön geblieben und jetzt auch wieder sehr kräftig, soweit man dies bei der elektronischen Verstärkung in der Halle beurteilen kann, die im zweiten Teil des Konzerts zu laut gesteuert war. Glanz und Schmelz in der tenoralen Höhe wie im seltenen Piano haben überzeugt. Fast immer baut er in sein Programm eine „Zarzuela“ ein und dankt damit seinem Mentor. Auch in der Dreiländerhalle war es so.
Das Programm ist geschickt gewählt: Orchester, Arien und Duette wechseln sich ab. Massenets „Le Cid“ steht ebenso auf dem Programm Gounouds „Roméo et Juliette“, Donizettis „Don Pasquale“ und „L´ elisir d´ amore“, Lehárs „Land des Lächelns“ und Kálmáns „Csárdásfürstin“. Da fegt die temperamentvolle Sopranistin auch tänzerisch über die Bühne. Sie war eine wunderbare Überraschung: Sattes Timbre, solide Stimmführung, immer in Kontakt mit dem Publikum. Besondere Glanzlicht war ihr kokettes „Les filles de Cadix“ von Léo Délibes.
Schön von Villazón, dass er sich eine starke Sängerin an seiner Seite ausgesucht hat. Die beiden sind „Bühnentiere“ mit großer darstellerischer Präsenz. Die Duette waren Höhepunkte. Dies zeigte sich auch bei den Zugaben, die in dem bekannten Trinklied aus „La Traviata“ gipfelten.
Württembergische Philharmonie Reutlingen überzeugte
Ein ebenso starker Partner ist die Württembergische Philharmonie Reutlingen die 1945 gegründet wurde und sich als Landesorchester etabliert hat. 2009 erhielt sie den erstmals verliehenen BKM Bundespreis für Kulturelle Bildung für ein Projekt mit geistig behinderten Künstlern. on der Deutschen Orchester-Stiftung wurde sie mit dem Preis „Innovatives Orchester 2019“ für ihr bundesweit einzigartiges interaktives Livestreaming-Format NETZ-WERK-ORCHESTER ausgezeichnet, mit dem sie Menschen im ländlichen Raum erreicht. Unter Guerassim Voronkov, einem sehr zupackenden, agilen Dirigenten. Er hatte bekannte Ouvertüren gewählt, z. B. aus der Thomas´ „Mignon“, aus Bellininis „Norma“ und Suppès „Die schöne Galathee“. Der große Klangkörper ist ein homogenes Ensemble mit starker Ausdruckskraft. Diese wurde besonders in dem hierzulande wenig bekannten „Gebet des Toreros für Orchester, op.34“ von Joaquín Turina deutlich. Das erzählerische Werk, das von einem tänzerischen Paso Doble bis zu einem Lamento geht, war einfach fantastisch.
Wie zugewandt Villazón dem Orchester ist, zeigt eine kleine, liebevolle Geste: Er wünscht Geiger Michael alles Gute für seinen Ruhestand. Jahrzehntelang habe er verlässlich in dem Orchester gespielt.
Rolando Villázo: Mit 50 Jahren viele Standbeine
Frenetischem Jubel gab es am Ende für dieses Galakonzert zum 70. Jubiläum der Europäischen Wochen. Auch der Star des Abends feierte einen runden Geburtstag: Rolando Villázon wurde im Februar 50 Jahre alt. Er ist heute nicht nur als Sänger weltweit unterwegs – mit klug gesetzten Pausen, sondern auch als Regisseur, Schriftsteller und TV-Moderator. Und: Er ist künstlerischer Leiter der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg sowie Intendant der Mozartfestspiele.