Shakespeare-Komödie über Spielarten der Liebe
Dem Himmel gefällt es heuer nicht: Auch die zweite Premiere der Burgenfestspiele Niederbayern konnte in Passau leider nicht open air stattfinden. Zu unsicher war das Wetter. „Wie es euch gefällt“ von William Shakespeare hatte also im Opernhaus am Freitagabend Premiere. Dort spieltdie Komödie ja auch in der Saison 2023/24.
Auch wenn das Stück, das um 1599/1600 entstand einen ernsten Rahmen hat mit der Verbannung des Herzogs und dem doppelten Bruderzwist, so geht es doch eigentlich um nichts als Liebe. Und das ist viel genug.
Vier unterschiedliche Liebespaare
Denn der englische Autor stellt uns vier Liebespaare verschiedener Couleur vor – die sich am Ende alle kriegen.
Regisseur Oliver Karbus hat, wie schon sehr oft für das Landestheater Niederbayern, das Stück selbst übersetzt und eine zeitgemäße, aber nicht übertrieben moderne Fassung gefunden. Außerdem hat er stark gekürzt, was dem Text gut tut.
Er lässt das Stück, das großenteils im Wald stattfindet, wohin die Geächteten flüchten, in einem abstrakten Raum mit viel Holz spielen. Bretter, Rampen, Podeste, Treppen, eine Kletterwand – das macht mehrere Spielebenen möglich, die zudem verschieden ausgeleuchtet werden können (Bühne: Ursula Beutler). Es gibt viele Möglichkeiten, für Auf- und Abtritte, für parallele Spielebenen – und das wird reichlich genutzt. So bekommt er eine gute Dynamik in den Abend. Und doch geht der Spannungsbogen im ersten Teil des Abends nach unten.
Feine Personenregie
Viel Wert legt Karbus auf die Personenregie, die fein gelungen ist, auch weil die Schauspieler großartig mitziehen.
In erster Linie ist das Liebespaar Orlando und Rosalind zu nennen. In Stefan Sieh hat der Regisseur einen idealen Darsteller gefunden, der sportlich und temperamentvoll die ganze Bühne in schnellem Tempo raumgreifend bespielen kann. Er ist der Idealtypus für den temperamentvollen Liebhaber, der sich auch zu Ganymed, das männliche Alter Ego von Rosalind, hingezogen fühlt. Diese wird von Larissa Sophia Farr gespielt. Köstlich, wie sie von der Rolle des braven zurückhaltenden Mädchens in die burschikose Männerrolle schlüpft, die alles sagt, was sie fühlt. Beide Schauspieler agieren sehr körperlich ihre Rolle aus, allein das ist schon sehenswert.
Die anderen Paare haben andere Spielarten der Liebe. So der Narr, der nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst den Spiegel vorhält. Der bunt gekleidete Touchstone (Igor Karbus) ist ein unermüdlicher Possenreißer, direkt in seinem Witz und unverblümt in seinem Liebeswerben. Er sagt, was er will und kriegt es von der Bäuerin Audrey, lustvoll und naiv dargestellt von Katrin Wunderlich.
Zwei, die nur schwer zueinander finden, sind Silvius und Phoebe. Stefan Merten stellt den Schäfer als weinerlichen und ungeschickten Möchtegern-Liebhaber dar, Mona Oswald wünscht sich als Phoebe dagegen den eleganten und redegewandten Ganymed. Als Phoebe dann erkennen muss: Ganymed ist eine Frau – wirft sie sich dann doch Silvius in die Arme.
Das letzte Paar wird verbunden durch die Liebe auf den ersten Blick: Der geläuterte Oliver (Paul Behrens) ist nicht länger der hassende Bruder und verliebt sich in Celia. Friederike Baldin und Larissa Sophia Farr haben als enge Freundinnen auch eine „Paarbeziehung“ in diesem Stück – von den kichernden Mädchen bis zur Rolle der Verkleideten als Bruder und Schwester.
Gute Ensembleleistung
Um die Liebespaare gruppiert sind Typen, wie sie nur ein Shakespeare erfinden konnte. Sie sind schauspielerisch bestens umgesetzt, z. B. von der überdrehte und köstliche Le Beau von Reinhard Peer oder Charles, der Ringer, von Alexander Nadler, der einer Zirkusarena entsprungen scheint (super Kampfszene mit Stefan Sieh!), oder Olaf Schürmann in der Doppelrolle als guter und als böser Herzog. Großartig ist Kammerschauspielerin Ursula Erb in einer Hosenrolle. Sie gibt den melancholischen Jacques de Boys und hat den berühmten Monolog: „Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler . . .“ In distanzierter Haltung zum Treiben der anderen verleiht die ausgezeichnete Sprecherin der Figur eine weise Beobachter- und Außenseiterrolle.
Die Kostüme sind eine Mixtur aus verschiedenen Zeiten und Stilen (Christiane Becker). Das reicht von einer elisabethanisch angehauchten Robe Celias bis zum friedensbewegten Hippie-Outfit mit Schlaghose. Oliver Karbus gestaltet viele hübsche kleine unterhaltsame Szenen. Das berüchtigte US-Gefangenenlager Guantánamo mit einer Waterboarding-Szene in die Komödie einzubauen, ist jedoch geschmacklos – und schadet zudem der heiteren Leichtigkeit des Stückes.
Leider lässt der Regisseur zu oft von vorne nach hinten sprechen. Für die Freilichtaufführungen, die mit Mikro verstärkt sind, mag das angehen; aber im Theater sind die Schauspieler teilweise schlecht zu verstehen.
Die Bühnenmusik von Peter WesenAuer trägt das Stück gut durch den Abend, atmosphärisch, aber nicht aufdringlich. Robin-Hood-Feeling im Hippie-Look verbreitet der Landshuter Multiinstrumentalist Martin Kubetz mit Gitarre und Akkordeon.
Viel Applaus für eine gute Ensembleleistung!
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Weitere Termine auf der Veste Oberhaus: 1. Juli, 2. Juli, 7. Juli, 8. Juli, 9. Juli
Schönwetterkarten an der Abendkasse.
Bei unsicherer Wetterlage im Theater.
Theaterkasse Passau
Tel.: 0851 / 929 19 13
In Landshut und Straubing ist das Stück bereits abgespielt.
www.landestheater-niederbayern.de