Bayerische Landesausstellung ab 7. Mai
Wenn Ministerpräsident Markus Söder am 6. Mai die Bayerische Landesausstellung 2024 im Diözesanmuseum Freising eröffnet, dann ist d a s Prunkstück da: der Tassilokelch aus Kremsmünster (Österreich). Im Zuge der Gleichberechtigung wird er heute Tassilo-Liutpirc-Kelch genannt, denn auch die Ehefrau des bairischen Herzogs ist als Stifterin vermerkt. Sechs Wochen lang wird das kostbare Original, das so gut wie nie ausgeliehen wird, zu sehen dann; dann eine Kopie eines privaten Leihgebers.
Heute, beim Presserundgang auf dem Domberg, fehlte das exquisite Stück noch; wann genau der Messkelch, der 1,4 Liter (!) Fassungsvermögen hat, 25,5 cm hoch, 3,05 kg schwer ist, am Freitag kommt, ist Geheimsache. „Aus Sicherheitsgründen“, wie der Chef des Hauses der Bayerischen Geschichte (Augsburg), Dr. Richard Loibl, heute sagte. Das Haus der Bayerischen Geschichte ist zusammen mit der Erzdiözese Mitveranstalter der Ausstellung, die den Titel „Tassilo, Korbinian und der Bär“ trägt.
In zehn Räumen wird auf 1000 Quadratmeter ein Panorama dieser Zeit anhand von 80 Exponaten (relativ wenige im Vergleich mit früheren Landesausstellungen, aber sehr hochkarätige) gezeigt. 2,3 Millionen Euro Etat hat der Landtag dafür beschlossen.

© Edith Rabenstein
Der dreiteilige Titel gibt schon die „Hauptprotagonisten“ der Schau vor. Wobei der Besucher als erstes mit dem Letztgenannten konfrontiert wird. Er wird quasi von „Bruno“, der als Problembär bekannt wurde, begrüßt. Die Dermoplastik aus dem Museum Mensch und Natur sowie Exponate zur Bärenjagd zeigen „wie sehr sich das Bild des Bären in der Gesellschaft gewandelt hat: Während der Bärenjäger von 1835 (er hatte einen 140 Kilogramm schweren Braunbären bei Ruhpolding erlegt) als Held gefeiert wurde und auf einer Lithografie von Heinrich Bürkel gefeiert wurde, musste der Name des Bruno-Jägers von 2006 geheim gehalten werden“, weiß der Projektleiter der Ausstellung, Dr. Michael Nadler. Zum Thema Bär ist z. B. auch noch Bärinnenzahnamulett, das in Freising gefunden wurde, und ein kunstvoller Deckelpokal mit der Darstellung eines erlegten Bären zu sehen. Er stammt aus den 1830er Jahren aus dem Besitz der Sammlung des Hauses der Bayerischen Geschichte. Am Standort Regensburg entsteht eine Sammlung mit dem Schwerpunkt 19. und 20. Jahrhundert.

Das Bärenthema führt nun zu der Figur, die im Ausstellungstitel als zweite genannt ist: Korbinian. Vor 1300 Jahren, 724, kam er aus Südtirol nach Freising und war der erste Bischof auf dem Domberg. Seine Heiligenlegende, geschrieben im 8. Jahrhundert, erzählt, dass er auf seiner Reise Rom, wo ihn der Papst zum Bischof weihte, einem wilden Bären begegnet ist, der eines seiner Pferde riss. Er zähmte das Raubtier, das daraufhin sein schweres Gepäck bis nach Rom trug. Der Bär ist zum ikonografischen Zeichen Korbinians geworden. Es gibt natürlich einige schöne Exponate zum Bistumsgründer zu sehen: So eine Sandsteinfigur von 1330, die „Vita Corbiniani“ des Arbeo von Freising, oder das „Bärenwunder“ auf dem Weihenstephaner Altar von Jan Polack um 1480 sowie ein Büstenreliquiar von Franz Kessler aus dem 17. Jahrhundert. Eine Besonderheit ist auch der Pokal aus dem Holz der Korbinianslinde von Jakob Erhart aus dem 19. Jahrhundert. Das Holz stammt von einem besonderen Ort: Am Osthang des Weihenstephaner Berg stand eine besonders prächtige Linde, die ein Verehrungsort für den Heiligen war. Der Stamm war so dick, dass ihn nur neun Männer (!) mit Mühe umgreifen konnten. „1865 zündelten Kinder in der Nähe, es entstand ein Brand, dem dieser traditionelle Baumriese zum Oper fiel“, weiß Projektionsleiter Nagler.
Eine der wohl schillerndsten Figuren ist die erstgenannte im Ausstellungstitel: Tassilo III., dessen (nicht gesicherte) Lebensdaten meist von 741-796 angesetzt werden, ist nicht nur durch die Alleinregierung ab 757 in Baiern bekannt und die Absetzung durch den Frankenkönig Karl (der Große) mit Schauprozess und Verbannung ins Kloster), sondern eben auch durch ein spektakuläres Artefakt: den Tassilo-Kelch, der zum Glück alle Stürme der Zeiten in Kremsmünster überdauert hat.
Zu diesem Messkelch stellt nun die Ausstellungsleitung eine neue kunstgeschichtliche Theorie auf, die sie auch durch weitere Beispiele belegt. So ist Egon Wamers‘ Theorie, dass die Hof- und Schatzkunst unter Tassilo und seiner Gattin Liutpirc einen eigenen Stil entwickelt hat und eine eigene Qualität herrschaftlicher Repräsentation. „Das sei Frankenkönig Karl ein Dorn im Auge gewesen“, sagt Projektleiter Dr. Nagler. Nicht nur die künstlerische Sprache des Tassilo-Kelchs mit seinen verschlungenen Tier- und Pflanzenelementen, es werden weitere Beispiele der agilolfingischen Hofschule gegeben. Wamers: „In der agilolfingischen Hofkunst sind zwei Kunsttraditionen gut erkennbar: die der insularen (irisch-angelsächsischen) und diejenige der mediterranen (byzantinisch-italische-langobardischen Welt.“
Damit man die Unterschiede gut sehen kann, ist der teil der Hofkunst Tassilos in roten, die karolingische Kunst in schwarzen Vitrinen.
Was es sonst noch zu sehen gibt? Einiges Interessantes.
Besonders hervorgehoben seien:
- die Schmuckplatte aus vergoldetem Kupfer des Langobardenkönigs Agilulf (Anfang 7. Jhdt.) aus Florenz.
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Henne mit den sieben Küken, Spätrömisch 4. bis Jhdt. Reproduktion aus Mainz. © Edith Rabenstein - Die spätrömische Henne mit den sieben Küken (Reproduktion aus Mainz, Original in Monza) aus dem Grab der Theolinde, der ersten christlichen Königin der Langobarden. Die Bedeutung der Vollplastik gibt bis heute Rätsel auf.
- Lex Baioariorum um 800; erste Normgebung von Stammesvolksrechten
- bajuwarische Fischfibel aus Gold, Granat, Glas und Elfenbein (6. Jahrhundert) aus dem Gäubodenmuseum Straubing
- bajuwarische Gürtelgehänge aus dem 6. Jahrhundert für Fruchtbarkeit und wohl auch zur Abwehr von Gefahren. Das sind die Vorgänger der heute noch – vor allem in Oberbayern – üblichen Schariwari! Die hier gezeigten stammen zum großen Teil aus dem Gäubodenmuseum Straubing und kamen bei Ausgrabungen im Gräberfeld Bajuwarenstraße zu Tage-
- Reiseflasche des heiligen Rupert, 13. Jahrhundert, Holz, Silber aus dem Dommuseum Salzburg
- Martyrium des hl. Emmeram von Johann Georg Gaill aus Regensburg/St. Emmeram
- Räuchergefäß aus dem Salzburger Raum (8. Jahrhundert) aus Split, Kroatien
- liturgische Pyxis, Silber, vergoldet, vom Mittelrhein, Leihgabe aus dem Nationalmusuem Dänemark
- Codex Millenarius um 800 aus der Stiftsbibliothek Kremsmünster
- Brevarius Urolfi aus Niederaltaich 11. und 13. Jahrhundert, kurz nach dem Sturz Tassilos 788 verfasst, ein Besitzstandregister; das Original ist verschollen; Abschriften aus dem 11. und 13. Jahrhundert sisnd im Bayerischen Hauptstaatsarchiv
Auch zwei Repräsentanten dieser Zeit begegnet man: dem Legionär und dem Wanderprediger mit ihren spezifischen Ausrüstungen und in Lebensgröße. Auch in Lebensgröße gibt es einen polygonalen Technik-Bären, der die Ausstellung aus seiner Sicht interpretiert, gesprochen von Kabarettist Christoph Süß, der im abschließenden Film unterhaltsam über den Konflikt zwischen Tassilo und Karl erzählt.
Die Ausstellung geht von 7. Mai bis 3. November 2024 und ist täglich geöffnet von 9 bis 18 Uhr.
Kinderprogramm mit Bär Tassi und Führungen für Schulklassen.