Josef Hoffmann wollte Schönheit für alle

Diese Silberware entwarf Josef Hoffmann für die Wiener Werkstätte. © Edith Rabenstein

Eine Schau zum 150. Geburtstag des Gründers der Wiener Werkstätte im MAK Wien

Er war der Vater des modernen Designs und eine der markantesten Persönlichkeiten der Wiener Moderne um 1900: Josef Hoffmann (1870-1956). Zu seinem 150. Geburtstag widmet ihm das Museum für Angewandte Kunst Wien (MAK) eine große Retrospektive unter dem Titel „Fortschritt durch Schönheit“. Die Schau ist bis 19. Juni zu sehen und Di. 10–21 Uhr sowie Mi–So 10–18 Uhr geöffnet.

Film über den Architekten, Designer und Lehrer

Betritt man die Sonderausstellung in einem der schönsten Museen Wiens im Ersten Bezirk am Stubenring, kann man im großen Foyer gleich rechts in einer kleinen Ecke einen höchst interessanten Film über den Architekten, Designer und Lehrer sehen, der 1870 in Pirnitz in Mähren in die Zeit der Industriellen Revolution hineingeboren wurde und fünf Herrschaftsformen erlebte. Der Film zeichnet nicht nur das Leben des außergewöhnlichen Menschen nach, zeigt seine wichtigsten Bauten, sondern erfasst auch das gesellschaftliche Klima und die Umbrüche, die er erleben musste. Gleichzeitig scheint immer wieder seine Philosophie durch: Er wollte dem alltäglichen Leben Schönheit verleihen – und es sollte eine Schönheit für alle sein. Seine Philosophie, dass Kunst Seelen heilen könne, klingt in unseren Ohren sehr modern.

Mein Rat: Den Film unbedingt ansehen, denn er erklärt die Grundlinien der Hoffmannschen Kunst, die sich in rund 1000 (!) Objekten dann zeigt. In der opulenten Schau gibt es zwar Werksbezeichnungen, aber insgesamt dann wenig Erklärungen.

Formprinzip: Gerade Linien, geometrische Muster

Vitrinen, Sitzmöbel, Caiselonge, Service, Besteck, Schmuck, Kleidung, Tapetenmuster, Lampen, Vasen – es gibt nichts an Einrichtungsgegenständen, mit denen sich Josef Hoffmann nicht beschäftigt hätte. Wer durch die Hallen wandelt, erkennt schnell sein Formprinzip: gerade Linien, geometrische Muster oder auch Florales, das sich seriell wiederholt. Es ist kein Wunder, dass z. B. Alessi in einer Besteck-Serie die Formsprache Hoffmanns aufgenommen hat. Hoffmanns „Kubus-Fauteuil“ von 1910 ist ein Klassiker geworden und wurde zuletzt 2010 produziert. Und in so manche Stuhl- oder Lampenform von heute erkennt man ihn als Vater des Gedankens.

Josef Hoffmann war mit Koloman Moser Mitbegründer der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs – Secession, der Wiener Werkstätte und des Deutschen und Österreichischen Werkbunds.

Schattenseite seiner Vita ist die NS-Zeit

Auch die Schattenseite seiner Vita werden nicht ausgeblendet: Obwohl NS-Architekturideologen Paul Schmitthenner Josef Hoffmann als „degenerierten dekorative Künstler“ bezeichnete, ließ sich der populäre Österreicher vereinnahmen: Josef Hoffmann wurde auch von der Reichskammer der bildenden Künste beauftragt, als künstlerischer Leiter den Wiener Kunsthandwerksverein (eine NS-Nachfolgeorganisation des Österreichischen Werkbundes) weiterzuentwickeln. Und er baute

Was mir besonders gefallen hat: die zahlreichen Beispiele der Hoffmann-Architektur im Film, z. B. das Sanatorium Westend in Purkersdorf (1905), sein architektonisches Hauptwerk, das Palais Stoclet in Brüssel von 1906 (mit einem Klimt-Fries), das seit 2009 UNESCO-Welterbe ist,  ein Modell des Theaters und des Barraums vom „Cabarett Fledermaus“ (1907) sowie Entwürfe von Karten,  Einladungen; die Bühne wurde zerstört; wunderschöne linear gestaltete Schmuckstücke sowie das nachgestellte „Boudoir für einen großen Star“, entworfen für die Weltausstellung in Paris 1937.

Spuren seiner Vita in Bayern: Burghausen

Josef Hoffmann hat als Architekt seine Spuren auch in Bayern hinterlassen: Von 1914 bis 1917 war er der Architekt der Wacker Chemiewerke in Burghausen.  Er gestaltete die Betriebsgebäude – und die Inneneinrichtung der Villa Wacker.

Lesen Sie einen weiteren Beitrag zu Österreich: https://www.rabenstein-kultur-blog.de/2022/03/heute-waere-sisi…sation-maria-2-0/