Die Passion Christi

Foto-Collage des Projekts „La Santa Crus di Cerveno“. ©Giacomo Nuzzo

Fotografien von Giacomo Nuzzo:  La Santa Crus

Der Leidensweg Jesu Christi hat von Alters her viele Künstler zur zwei- und dreidimensionalen Ausgestaltung angeregt- und auch zur theatralen Darstellung. Die berühmteste Via Crucis auf dem Theater sind wohl die Oberammergauer Passionsspiele, die aufgrund eines Gelübdes alle zehn Jahre in der kleinen oberbayerischen Gemeinde in historischen Kostümen stattfinden. Nur wer Oberammergauer ist, darf mitspielen.

Das Werk Beniamino Simonis, gespielt vom Dorf Cerveno

Auch in einem kleinen italienischen Dorf Cerveno in der Provinz Brescia in der Lombardei findet alle zehn Jahre ein Passionsspiel statt, allerdings nicht auf der Basis von Theaterliteratur, sondern angeregt durch das Werk von Beniamino Simoni (1712–1787). 196 Holz- und Gipsstatuen fertigte er ab 1752, die in den Kapellen der Via Crucis stehen, die zur Wallfahrtskirche von Cerveno führen.  Während die Passion in Oberammergau in einem extra dafür eingerichteten Theaterbau aufgeführt wird, findet das Passionsspiel im Carmonica-Tal im Freien statt, am Weg entlang der Kapellen. Auch hier spielt das gesamte Dorf in historischen Kostümen mit. La Santa Crus – so der Name des Spiels – ist ein generationenübergreifendes Projekt.

Das Projekt „La Santa Crus di Cerveno“ in Passau

Dr. Bernhard Kirchgessner, Künstlerseelsorger der Diözese Passau und Leiter des Exerzitienhauses Spectrum Kirche, gewann Giacomo Nuzzo, sein Projekt „La Santa Crus di Cerveno“ in Passau zu zeigen. Bereits vor der Pandemie war dieser Plan gefasst. Erst jetzt konnte das Projekt verwirklicht werden.

Passion Christi.©Edith Rabenstein

Der italienische Fotograf (Jahrgang 1947) stellt Szenen aus dem bildhauerischen Werk der theatralischen Umsetzung gegenüber. Das ist höchst eindrucksvoll. Drei Beispiele: Jesus mit einem Strick um den Hals und der Dornenkrone auf den Kopf trägt mühsam das Kreuz, gefolgt von einer zusehenden, eher edel gekleideten Menge, im Hintergrund ist Architektur des „himmlischen Jerusalems“ zu sehen mit prächtigen Bauten, wie es Benjamino Simonis imaginierte. Dem gegenüber steht ein Foto von Jesus in ähnlichem Habit, in gleicher Haltung, gefolgt von einer bäuerlich gekleideten Schar; im Hintergrund sieht man die Kulisse des Dorfes Cerveno – moderne Häuser mit Solarzellen auf dem Dach und hippen Straßenlampen davor. Ein anderes Foto zeigt wiederum den kreuztragenden Jesus, dahinter eine Schar mit Regenschirmen. Bei dieser Aufführung von 2012 hat es wohl heftig geregnet.

Die Aktualität heute

Das Heute spielt bei La Santa Crus eine wichtige Rolle. Diese Gegensätze zwischen der Passionsdarstellung in der bildenden Kunst des 18. Jahrhunderts und der theatralischen Aufführung der Gegenwart hat der Fotograf meisterhaft auf Schwarzweißfotos gebannt. Beim Betrachter entsteht eine Neugierde auf den Vergleich ( z. B. auch bei den Szenen über das Schweißtuch der Veronika oder der Mutter Maria) und gleichzeitig eine heftige Anrührung darüber, wie ernsthaft und tief empfunden das Geschehen der figürlichen Darstellung ins heutige Leben geholt worden ist. Der Fotograf zeigt Schlüsselszenen aus der Passion, so dass der Betrachter ihm leicht folgen kann.

Maria. ©Spectrum Kirche

Heuer findet das Passionsspiel in Italien nicht statt. Immer noch ist die Pandemie der Auslöser für diese Entscheidung. In der Lombardei hatte die Seuche 2020 verheerende Ausmaße angenommen.

Infos

Die Ausstellung in Spectrum Kirche in Passau geht bis 30. April und ist geöffnet Mo. bis Fr. 9 bis 16 Uhr; am Wochenende nach telefonischer Vereinbarung unter 0851/931440.