Rezension: 3. Passau-Krimi in der ARD mit gigantischen Einschalt-Quoten
Nachdem Regionalkrimis Bestseller in den Buchhandlungen sind, ist die Welle natürlich auch ins Fernsehen übergeschwappt. Die Krimihandlung in wunderschöner Kulisse ist das Patentrezept bei den Donna-Leon-Krimis, wenn Venedig zum Tatort wird. Nicht so weit weg reisen muss man, wenn man die Schauplätze der Allgäu-Krimis live erleben will. Kommissar Kluftinger ist die Hauptfigur einer Kriminalromanreihe der deutschen Schriftsteller Michael Kobr und Volker Klüpfel. Als Nicht-Allgäuer schaltet man aber um, denn der Dialekt ist über weite Strecken unverständlich.
Erschlagene im Wald bei Passau
Auch Passau hat jetzt seinen eigenen Krimi. Schon in den beiden ersten Folgen der neuen Passau-Krimi-Reihe in der ARD hat man geahnt, dass es nicht nur um eine Krimi-Handlung geht. In Teil 1 und Teil 2 war diese eher verwirrend und abstrus. Im Teil 3, der unter dem Titel „Zu jung zu sterben läuft“, ist sie viel gradliniger erzählt. Was dazu führt, dass man dabeibleibt.
Privatdetektiv Ferdinand Zankl (Michael Ostrowski) und die in Zeugenschutz lebende Berliner Polizistin Frederike Bader (Marie Leuenberger) haben als Ermittler-Duo in Zankls Detektei endgültig zusammengefunden. Er soll eine junge Frau ausfindig machen, die ihrem Freund jede Menge Geld, teure Uhren und Drogen gestohlen haben und verschwunden sein soll. Die Beschuldigte wird in einem Wald bei Passau tot aufgefunden – erschlagen. Das Diebesgut bleibt vermisst.
Spur führt zu Schrottplatz
Die Spur führt zum Schrottplatzbesitzer Alois Mayr, dargestellt von Sigi Zimmerschied, und vor allem zu seinem Sohn Xaver, gespielt von Roland Schreglmann, der die Tote hartnäckig verehrt hat.
Primetime Hit
Der Passau-Krimi des Autors Michael Vershinin war ein Primetime Hit, wie die ARD auf ihrer Homepage bekannt gab. 6,54 Millionen Zuseher haben ihn am Donnerstagabend geguckt. Das sind 22,4 Prozent Zuschaueranteil.
Hier wird nicht der Fehler der Allgäu-Krimis gemacht, dass zu sehr Dialekt gesprochen wird. Es sind die Charaktere, die bestechen – und da dürfen neben gstandenen Niederbayern, die Dialekt sprechen und das besondere Kolorit ausmachen, eben auch Auswärtige dabei. Das gibt das Ermittlerduo per se schon vor. Sie – kühle Berliner Schnauze, er charmanter Österreicher. Dazu kommt ein Passauer Hauptkommissar, der – mehr oder weniger gegen seinen Willen – in die Dreiflüssestadt versetzt ist.
Die Mischung macht’s. Und auch, dass das Ermittlerduo der Polizei immer um eine Nasenläge voraus ist, was dieser natürlich nicht gefallen kann.
Charaktere gut gezeichnet und dargestellt
Alle Typen sind liebevoll und detailliert gezeichnet. In dieser Folge sticht besonders Sigi Zimmerschied hervor. Der Passauer Kabarettist, Schauspieler und Autor spielt einen grantelnden Schrottplatzhändler, der in seiner eigenen Welt lebt, von Demenz gezeichnet ist. Zimmerschied wird als Schauspieler immer stärker. Während er als Kabarettist den großem Gestus und die übertriebene Fratze bisweilen zeigt, setzt er hier auf minimalere und sehr bezeichnende Gestik und summt auch mal ein Liedchen. Der Geheimnisvolle entpuppt sich schließlich als Mörder.
Sein Sohn wird von Roland Schreglmann gespielt. Der Münchner Schauspieler und Sänger ist in Passau kein Unbekannter. Er war von 2014 bis 2017 festes Ensemble-Mitglied am Landestheater Niederbayern. Hier war er u. a. zu sehen in „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“, „Loriots Szenen einer Ehe“ und „Die Rocky Horror Show“. Im Passau-Krimi mimt er einen Schrauber, der seine Gefühle nicht unter Kontrolle hat.
Bestechend: Das, was die Regionalkrimis ausmacht, ist hier bestens erfüllt: Wunderschöne Aufnahmen von Passau von Draufsicht, Totale und Details; was noch verbessert werden kann: Die Musik liegt zum Teil zu laut über den Dialogen. Das ist unprofessionell.
Der vierte Passau-Krimi „Der Fluss ist sein Grab“, läuft am 7. April 2022 um 20.15 Uhr in der ARD.