100. Geburtstag: „Der Fels“ – eine Künstlergruppe der Zwischenkriegszeit

Franz Bronstert, Passauer Veste Oberhaus, um 1921/22, Öl auf Malpappe. ©MMK Passau

Ausstellung im Museum Moderner Kunst Passau

Nach dem Ersten Weltkrieg suchten so manche Künstler Neuorientierung. Die Bildung von Künstlergruppen war – wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg – damals auch ein probates Mittel. Konnte man sich doch da austauschen, miteinander ausstellen und auch miteinander Mappen finanzieren.

Bereits 1991 war Schau zu sehen

Zum 100. Geburtstag der Vereinigung „Der Fels“ zeigt das Museum Moderner Kunst – Wörlen in Passau eine Schau und erinnert an die fast vergessene Künstlergruppe. Bereits 1991 war hier eine Ausstellung über die Gruppe zu sehen. Nicht von ungefähr ist es das Passauer Museum, das sich des Themas annimmt, war doch Georg Philipp Wörlen, dessen Nachlass die Sammlungsgrundlage des Hauses ist, der Motor für die Gründung. Wörlen, Franz Bronstert und Fritz Fuhrken trafen im Kriegsgefangenenlager Ripon in Yorkshire (England) aufeinander. 1922 schlossen sich Reinhard Hilker und der österreichische Maler und Grafiker Carry Hauser der Gruppe „Der Fels“ an. Bronstert war der Namensgeber und auch Ausstellungsmacher der Gruppe.

37 Ausstellungen zwischen 1921 bis 1927

Ein exaktes Gründungsdatum gibt es nicht. Aus dem Jahr 1921 ist das erste Ausstellungsplakat bekannt. Zwischen 1921 und 1927, als sich die Vereinigung auflöste, wurden 37 Ausstellungen gezeigt. Als Suchende und Kämpfende um neue Ausdrucksmittel hat Theodor Csokor die Künstler von „Der Fels“ charakterisiert.

Im Museum Moderner Kunst ist die Schau thematisch gegliedert und bezieht sich hauptsächlich auf die Anfangsjahre der Vereinigung.

Bianca Buhr gestaltete Schau aus Sammlungsbestand

Die Gefangenenlager Ripon und Costerdale nehmen einen breiten Raum in der Schau ein. Sie stehen symptomatisch für den Krieg und seine Folgen. Anrührend sind die Zeichnungen der Gefangenen in ihren Baracken oder am Zaun. Die Ausdrucksmittel sind die des Expressionismus.

Eine Reihe von (Selbst-)Porträts zeigt die Künstler in ihrer Selbstauffassung und charakterisiert durch den anderen. Auch ist das einzige Gruppenbild dieses Männerbündnisses zu sehen: Georg Philipp Wörlens „Freundesrunde, Mitglieder der Fels-Gruppe“, Öl auf Leinwand, 1921.

Gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel

Carry Hauser, Mädchen, Hund und Vogel, 1921, Aquarell. ©MMK Passau

 

Ein anderes Thema lautet „Moderne Zeiten“. Es zeigt, wie die Künstler den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel wahrgenommen haben. Fritz Fuhrken schafft ein 1922 ein Aquarell unter dem Titel „Fabrik“ mit einer eigenartigen Hell-Dunkel-Stimmung. Carry Hauser stellt auf einem Holzschnitt einen Verurteilten dar, der abgeführt wird (1917). Er fasst in damaliger Zeit heiße Themen an und verarbeitet sie künstlerisch. Franz Bronstert schafft ein Bild von einem kranken Paar in Industrielandschaft. Wörlen gestaltet das Leben „Im Café“ in einem Litho von 1921 und arbeitet gesellschaftskritisch in seiner Mappe „Narretei.“

Ein weiteres Kapitel der Schau beschäftigt sich mit den Passau-Ansichten, die die „Fels“-Künstler bei den Besuchen der Dreiflüssestadt gemacht haben. Dazu muss man wissen, dass sich der der Schwabe Georg Philipp Wörlen mit seiner Familie 1920 in Passau niederließ, und der Wiener Carry Hauser von 1919 bis 1922 in Hals lebte, der Ort gehörte damals noch nicht zur Stadt Passau. Die Passau-Bilder zeigen, wie unterschiedlich die Landschaftsauffassung der einzelnen Künstler war.

„Religiöse Motivik“ war auch ein Themenkreis der Gruppe. Von Carry Hauser überrascht der Holzschnitt „Die hl. Magdalena“; Reinhard Hilker gestaltet „Erste Menschen“ als Tuschezeichnung. Fritz Fuhrken beeindruckt mit der Kreidezeichnung „Der Sündenfall“. „Fantastisches“ mit Tiermenschen und Höllenhund beschließt die Ausstellung.

AUSDRUCK eint die Mitglieder von „Der Fels“

Heinz Klapproth hat die Gruppe „Der Fels“ einmal so beschrieben:

„Seht Ihr die Dinge wie sie sind? Form ist Verkleidung, Augentrug. Die Dinge sind nicht, wie Ihr sie zu sehen glaubt! Drum werdet still und einfach, denn Ihr schaut aus Euren Augen und schaut nur die Oberfläche. Der Künstler kämpft Titanenkampf, den Dingen die Seele abzugewinnen, in ihre Tiefe zu dringen, die Oberfläche zu überwinden. So wird AUSDRUCK. – Und solches eint die Felsleute.“

Keine konforme Gruppe

Die Ausstellung zeigt, dass die Künstler sehr unterschiedliche Ausdrucksmöglichkeiten bedienen konnten. Sie waren keine konforme Gruppe; die Individualität zählte. In der Umbruchszeit der Nachkriegsjahre waren sie, geprägt durch den Expressionismus, auch stilistisch auf der Suche. Kubismus, Neue Sachlichkeit, Futurismus – das alles schwingt hier mit.