Meine Erinnerungen an Gretel Eisch

Bildhauerin Gretel Eisch mit ihrem Mann Erwin, dem Begründer der Studioglasbewegung. © Edith Rabenstein

Ehefrau des Glaskünstlers Erwin Eisch gestorben

„Ich setze den Fuß in die Luft und sie trägt“: Dieses Zitat setzte die Familie von Gretel Eisch in die Todesanzeige, die heute in der Passauer Neuen Presse erschienen ist.

Die bekannte Künstlerin aus Frauenau im Landkreis Regen starb am 10. Juni im Alter von 85 Jahren. Gretel Eisch war die Ehefrau des bekannten Glaskünstlers Erwin Eisch, der erst heuer im Januar mit 94 Jahren verstorben ist. Die gebürtige Münchnerin ist aufgewachsen in Aidenried. Ihre Mutter betrieb ein kunstgewerbliche Werkstatt. Ihr Großvater war Kunstmaler.

Zu Kaffee und Kuchen in der Villa Gistl

Ich erinnere mich gerne an meinem letzten Besuch bei dem Künstlerehepaar. Es war 2017. Sie hatte ihren 80. Geburtstag, er seinen 90.

Kalt und verschneit war es im Bayerischen Wald. Die verwunschene Gistl-Villa, benannt nach dem Frauenauer Glaspionier Isidor Gistl lag da, wie in einem russischen Wintermärchen. Die Hausherrin erwartete mich am Eingang. Ich erlebte Gretel Eisch immer den Menschen zugewandt, leise, aber bestimmt, stets rührend ihren Mann umsorgend. Eine feine, stille Frau, die nur dann etwas sagte, wenn sie etwas zu sagen hatte. Zu Kaffee und Kuchen saß man beieinander, bevor wir durch das Haus flanierten, und das Künstlerpaar eigene Werke zeigte. Eine gute Tasse Kaffee – das war beiden, die rund 60 Jahre miteinander verheiratet waren, wichtig.

Sie hat die Kunst mit den Kindern geteilt

Er sagte: „Kunst war die Schubkraft unserer Beziehung“ – und sie nickte dazu. Und fügte hinzu, dass sie die Kunst immer mit den Kindern geteilt habe. Fünf Kinder entstammen der Ehe.

Das Familienleben war auch die Ursache, dass manches unvollendet blieb und sie in vielen Techniken gearbeitet hatte.  Figürliches aus Ton, Keramik Holz, Glas, farbig gefasst,  entstand. Sie zeigte mir ihre Holzschnitte zum Thema „Eiche“.  Thematische Ansätze waren ihren wichtig. Poesie war ihr Thema, weniger intellektuelle Diskussion. „Ich wollte immer eine Geschichte erzählen oder ein Anliegen zeigen“, sagte sie. Märchen waren auch eine ihrer Lieblingssujets. Gretel Eisch ließ dem Zufall eine Chance beim Arbeiten, und sich vom Material gerne überraschen. „Dialog“ war ein Grundthema ihres künstlerischen Arbeitens.

Neuer Auftrieb durch die Sommerakademie

Die Sommerakademie in Frauenau hat Gretel Eisch und ihrem Mann neuen Auftrieb gegeben. Tochter Katharina Eisch-Angus, Professorin in Graz, und ihr Mann, Glaskünstler Mark Angus führen damit das Werk der Eltern fort. In der Todesanzeige steht, dass, wer möchte, statt einem Kranz, das Bildwerk Frauenau mit einer Spende unterstützen kann. Der Trauergottesdienst ist am 15. Juni um 15 Uhr in der Pfarrkirche Frauenau.

Als ich von dem Besuch in der Gistl-Villa bei Schneesturm aufbrach, meinte Gretel Eisch noch: „Ein nächstes Mal kommen Sie aber im Sommer, da ist unser Garten so schön.“

Dazu ist es nicht gekommen. Man sieht wieder einmal: Man soll im Leben nichts aufschieben.

Wer die beiden persönlich erlebt hat, bemerkte, wie kongenial das Ehepaar zueinander passte. So ist es kein Wunder, dass Gretel Eisch ihren Mann Erwin nicht lange überlebte.

Gretel Eisch studierte von 1956 bis 1959 Bildhauerei an der Münchner Akademie der Bildenden Künste bei dem bekannten Bildhauer Anton Hiller. Sie lernte Modellieren am Gerüst, Aktmodellieren und -zeichnen. Auch arbeitete sie mit dem Keramiker Lothar Fischer. Dort lernte sie den Studenten Erwin Eisch aus Frauenauer kennen. Zusammen mit Erwin Eisch, den sie 1962 heiratete, und Max Strack gründete sie Anfang der 1960er Jahre die Künstlergruppe RADAMA, eine Abspaltung der Gruppe SPUR, die in München-Schwabing für Aufsehen sorgte. Besondere Furore erregte die Schwabinger Ausstellung 1961 um den fiktiven Künstler „Bolus Krim“.

Nach ihrer Heirat mit Erwin Eisch folgte sie dem Glaskünstler nach Frauenau. Sie arbeitete vermehrt in der Glasmalerei und Glasgestaltung. Sie wurde zu einer der kreativen Kräfte für die Internationale Studioglasbewegung, die in Frauenau ihr europäisches Zentrum hat, und wirkte 1975 aktiv bei der Gründung des Glasmuseums Frauenau mit. Von 1977 bis 1981 arbeitete Gretel Eisch zusammen mit Bob Strini und Peter Kobbe mit Kindern und Jugendlichen im Keramikprojekt „Lehm und Lehm“ lassen; später leitete sie die Glasmalerwerkstatt Poesie in Glas der Glashütte Eisch. 1987 wurde sie zur Mitgründerin des Bild-Werk Frauenau, einer internationalen Künstlerbildungsstätte mit Schwerpunkt Glas. Ende 2021 wurde sie gemeinsam mit ihrem Mann Erwin mit dem Kulturpreis Bayern geehrt.