„Shakespeare in Love“ bei den Burgenfestspielen Niederbayern

Das Ensemble erwartet die Königin: (v.l.) Nicolai Mondschein (Sam), Jonathan Specht (Ralph), Niklas Schinke (Peter), Tamino Rötzer (Wabash), Jochen Decker (Fennyman), Paul Behrens (Will Shakespeare), Nhut Minh Huynh (Webster), Maximilian Peisl (Ned), Larissa Sophia Farr (Viola), Lukas Franke (Henslowe), Reinhard Peer (Burbage) und Alexander Nadler (Tilney). © Landestheater Niederbayern/Peter Litvai

Landestheater Niederbayern zeigt romantische Liebe und „Theater auf dem Theater“

Eine Oscar-gekrönte Geschichte spielt das Landestheater Niederbayern jetzt bei seinen Burgenfestspielen Niederbayern: Tom Stoppard und Oscar Norman erhielten die begehrte goldene Hollywood-Trophäe 1999 für das Drehbuch von „Shakespeare in Love“, insgesamt hab es sieben Oscars für die Produktion. Der Plot erzählt von dem jungen englischen Dichter William Shakespeare in einer Schreibkrise, die er erst durch die Liebe zu Viola beenden kann. Neben dieser romantischen Liebe geht es um die Theatersituation im England des 16./17. Jahrhunderts. Und nicht zuletzt geht es um Shakespeares Erfolgsstück „Romeo und Julia“: Klar, dass das Theater diesen Filmstoff schnell adaptiert hat, Lee Hall schrieb eine Theaterfassung, die 2014 uraufgeführt wurde.

Premiere nicht open air

Am Freitag hatte die Komödie bei den Burgenfestspielen Niederbayern Premiere. Regen, Stürme und Kälte waren leider angesagt – und so musste die Premiere ins Theater verlegt werden. Am Wochenende war dann open air auf der Veste Oberhaus angesagt. Gleich vorne weg: Dem Stück hätten ein paar Striche mehr gutgetan, dies hätte vor allem im ersten Teil mehr Dynamik gebracht.

Marcus Everding legt Wert auf Personenregie

Gastregisseur Marcus Everding, der zur Premiere nach Passau kam,  arbeitet die zwei Ebenen des Stückes perfekt heraus: Da ist zum einen die Liebe zwischen Will Shakespeare und Viola de Lesseps, und zum anderen die „Theater-auf-dem-Theater“-Handlung. Wenn das Theater sich selbst bespiegelt, hat das immer einen besonderen Reiz. In diesem Stück führt es dem Zuschauer vor Augen, dass schnell mal ein Schneider oder ein Mäzen zum Schauspieler werden kann, ein Hund auf der Bühne das größte Entzücken der Besucher ist und man als Autor schon mal zwei Theaterleitern das gleiche Stück verspricht. Für Kenner der  Theatergeschichte ist es ein besonderes Vergnügen, dass nicht nur die drei Dichter, Shakespeare, Marlowe und Webster auftreten, sondern auch Theaterimpresario Philip Henslowe, durch dessen genaue Aufzeichnungen die Theaterpraxis im elisabethanischen Zeitalter überhaupt bekannt ist.  Mit Ed Alleyn ist schließlich noch der berühmteste Schauspieler Londons in dieser Zeit eine wichtige Figur in dem Stück.

Bühnenbild mit mehreren Spielebenen

Everding setzt auf rasches Timing, viel Bewegung bei den Auf- und Abgängen, unterstützt durch dynamische Musik von Bernd Meyer oder durch Gitarre, Cembalo oder Flöte bei den Liebesszenen. Das Bühnenbild ist sehr geschickt, bietet es doch verschiedene Spielebenen. Es sind Versatzstücke eine Schiffs mit Bug, Heck, Masten und Takelage. Damit greift Everding auch gut den Text auf, der zu einer Reise einlädt. Die Ausstattung von Kathrin Younes ist klar. Es dominiert helles Holz und weißer Stoff, der das Boudoir der Viola umgibt, aber gleichzeitig auch als Bühnenvorhang gesehen werden kann. Im Kontrast dazu die Kostüme: knallig, pompös, historisierend.

Detailfreudige Personenregie

Der Regisseur setzt, wie schon in den vergangenen Produktionen am Landestheater Niederbayern, auf eine detailfreudige Personenregie. Paul Behrens, seit heuer am Landestheater Niederbayern, spielt Shakespeare. Er ist ein junger Dramatiker auf der Suche nach Stoffen, hat das, was man heute als Schreibhemmung bezeichnen würde und lässt sich von dem erfahrenen Marlowe Verse zuflüstern (das berühmte 18. Sonett). Behrens verwandelt den Zweifler zum ungestüm Verliebten, dessen Erstaunen groß ist, als er in dem Romeo-Darsteller seine Liebe Viola erkennt. Diese stellt Larissa Sophia Farr als selbstbewusste Adelige dar. Forsch zieht sie sich die Hosen an, um verbotener Weise Theater zu spielen, energisch zieht sie Will in ihr Boudoir, gelassen lässt sie ihren Verlobten warten und weiß ihn ihrer Hand, weil er ihr Geld braucht. Joachim Vollrath spielt den Geschäftsmann Lord Wessex, über den der Pleitegeier kreist. Wie er seine Ware verhandelt, taxiert er auch seine Braut. Eine wunderbar groteske Situation, wie Bräutigam und Brautvater in spe im Steuerstand des Schiffes über das Mädchen verhandeln. Olaf Schürmann spielt den reichen Sir Robert de Lesseps, der sich einen Lord als Vater seines Enkels wünscht, zielstrebig, eigennützig und mit großzügiger Geberhand.

Dreh- und Angelpunkt ist die Amme

Dreh- und Angelpunkt zwischen Viola und Will sowie zwischen Viola und Wessex ist die Amme. Antonia Reidel verleiht dieser Figur Witz, Charme und eine Portion Hinterlist – und das alles zum Wohle ihrer Herrin. Keine Sekunde ihres Auftritts bleibt ohne Gestik und Mimik – und diese sprechen Bände. Sie hat die Lacher auf ihrer Seite. Ebenso Jochen Decker als Fennyman. „Ich bin das Geld“ weist ihn als Produzenten aus, der überall mitreden will, köstliche Zwischenkommentare wie spitze Pfeile herausschleudert und dem Theaterleiter Henslowe ein paar Finger kürzer machen will. Lukas Franke spielt diesen Theaterdirektor zwischen Verzweiflung und Euphorie. Seinen Konkurrenten Burbage stellt Reinhard Peer dar: ein Managertyp anno dazumal, der nach unten tritt und nach oben – gegenüber Elisabeth I. – liebedienerisch buckelt.

Julian Ricker tritt als Marlowe auf. Er ist schon ganz der Erfahrene und Erfolgreiche, der großzügig de, jungen Kollegen Verse zuflüstert. Sein gewaltsamer Tod (der realiter ungeklärt ist) wird hier Lord Wessex in die Schuhe geschoben.

Paraderolle: Elisabth I. von Ursula Erb

Zu einer feinen, kleinen Paraderolle baut Ursula Erb die Königinnenrolle aus. In prächtigem ausladenden Kostüm mit elisabethanischem Kragen und roten Haaren weist sie ihren vorlauten Hofmarschall (Alexander Nadler) in die Schranken. Und mit forscher Stimme verkündet sie Wessex, dass seine Braut schon „gepflückt“ sei. Im übrigen meint sie zu Shakespeare, macht „Was ihr wollt“. Und sie besteht nicht mehr darauf, dass ein „Hund“ mitspielen muss. Der Wauwau, gespielt von Friederike Baldin, ist freilich witzig. Sie gefällt auch in der Rolle einer frühen Garderobiere.

Dann ist hier noch eine Riege von „Theaterleuten“ zu sehen, die alle um die Gunst des Autors und des Impresarios buhlen. Eine markante Figur stellt Maximilian Peisl mit Ned Alleyn dar. Der „Starschauspieler“ mit Degenkünsten faucht jeden an, der seine Probe stört und ist der Anführer der Darsteller. In weiteren Rollen sind zu sehen: Nhut Minh Huynh, Jonathan Specht, Niklas Schinke, Nicolai Mondschein und Tamino Rötzer.

Insgesamt ein unterhaltsamer Abend, der tief in die Theaterwelt – und nicht nur in die elisabethanische – eintaucht.

Diese Produktion des Landestheaters Niederbayern haben die Abraxas Musical Akademie München, die Athanor Akademie Passau, die Neue Münchner Schauspielschule und die Münchner Filmakademie unterstützt.

Weitere Vorstellungen: 2., 3., 8.,9. und 10. Juli; Beginn: 20 Uhr

Karten unter:  0851 / 929 19 13 und an der Abendkasse