Gründungskonzert der Sinfonietta Passau
Das Musikleben Passaus wird durch ein neues Symphonieorchester bereichert: die Sinfonietta Passau, gegründet und geleitet von Eleni Papakyriakou.
Dirigentin Eleni Papakyriakou
Eleni Papakyriakou stammt aus Thessaloniki, Griechenland. Ihr Studium für Orchesterdirigieren begann sie in ihrer Heimatland und setzte es in Österreich fort; sie schloss es 2015 an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ab. Seit Januar 2016 ist sie als Chordirektorin am Landestheater Niederbayern engagiert. Der Laienchor hat dadurch einen großen Sprung nach vorne gemacht. Am Landestheater hat sie auch bereits Vorstellungsdirigate übernommen (Spielzeit 2019/20: „Das Land des Lächelns“). Sie ist auch die Chefdirigentin und künstlerische Leiterin des Passauer Universitätsorchesters.
Mit der Sinfonietta Passau erfüllt sie sich den Lebenstraum eines eigenen Orchesters. 53 Musiker hat der Klangkörper, darunter sind auffallend viele junge Leute, Studierende an den Musikhochschulen, freiberufliche Profi-Musiker und auch ausgebildeten Laienmusiker. In St. Peter, wo zurzeit auch ein Passionszyklus des Künstlers Herbert Muckenschnabl aus Neuschönau gezeigt wird, stellte sich die Sinfonietta Passau rund 260 Konzertbesuchern mit einem interessanten Programm vor.
Uraufführung von Cornelius Hirsch
Am Anfang stand eine Uraufführung des Münchner Musikers Cornelius Hirsch (Jahrgang 1954), der sich jetzt im Bayerischen Wald niedergelassen hat. Uraufführungen sind immer etwas Aufregendes, wird man doch mit noch nie Gehörtem konfrontiert. „3 Abendländer“ sind drei Sätze aus einem insgesamt zehnteiligem Zyklus: „Byrds Walzertraum vom Frühlingsopfer“, „Der Leuchtturm im Regen“, „Harlekinade“. Die Sätze beziehen sich auf Kompositionen abendländischer Komponisten. Hier sticht besonders der zweite Satz hervor mit dem markanten Schlagwerk, das sich über die Geigen erhebt. Cornelius Hirsch spielt selbst die Pauke. Als Solisten überzeugen Anna Obiol Fibla (Klarinette), Norbert Girlinger (Flöte) und Peter Tarvernaro (Oboe), alles Profimusiker von der Anton Bruckner Privatuniversität Linz.
Flötist Stathis Karapanos
Das Konzert für Flöte und Orchester des Dänen Carl Nielsen (1865-1931) war sicher für meisten Zuhörer eine Entdeckung und wunderbar, wenn man solch einen Solisten wie Stathis Karapanos zur Verfügung hat. Der Athener, Jahrgang 1996, der an der Hochschule für Musik Karlsruhe und an dem Conservatoire de Paris studierte, ist grandios. Der Reiz im ersten Satz liegt in den musikalischen Dialogen zwischen der Flöte und dem Orchester. Da erweist sich der Solist als sehr kommunikativer Flötist, immer rekurrierend auf das Orchester. Sehr fein klingt auch das Duett zwischen Fagott und Klarinette. Melodiös und verspielt ist schließlich der zweite Satz, der die starke Ausdrucksfähigkeit von Karapanos noch einmal zum Leuchten bringt.
Anton Bruckners Sinfonie Nr. 4
Höhepunkt des Konzertabends war freilich Anton Bruckners (1824-1896) Sinfonie Nr. 4 in der Fassung 1878/80, auch genannt die Romantische. Das Orchester wird hier aufgestockt um eine Bläserapparat und weitere Streicher.
Eleni Papakyriakou hat eine besondere Beziehung zu dieser Symphonie und sie deswegen für das Gründungskonzert gewählt. Das ist durchaus mutig. Denn diese Symphonie, eine der beliebtesten, ist höchst anspruchsvoll.
Akkurate Dirigentin
Hier, wie schon in den beiden Stücken davor, zeigt sich Eleni Papakyriakou als akkurate Dirigentin. Für die Orchestermitglieder muss das eine Freude sein. Ihr Schlag ist präzise; sie gibt nicht nur den Takt exakt vor, sondern spricht die einzelnen Musikgruppen immer wieder deutlich an. Ihre Moves beziehen sich genau auf das Musikstück. Sie ist temperamentvoll, aber hudelt nicht.
Besonders gelingen ihr die dynamischen Abstufungen in dieser Symphonie, in denen ihr das Orchester willig und punktgenau folgt. Allein die Trompeten sind zu laut und zu schrill. Sehr schön herausgearbeitet sind das flirrende Streichertrio, das ausschweifende Hornsolo und das Finale im Fortissimo.
Eleni Papakyriakou hat das Zeug dazu, in die erste Liga der deutschen Dirigentinnen vorzustoßen!
Es fehlt ein Konzerthaus
Ja, die Sinfonietta Passau und ihre Dirigentin Eleni Papakyriakou haben mit diesem Konzert eine hohe Messlatte gesetzt. Das Orchester will 2024 (Bruckner-Jahr!) und darüber hinaus einige Bruckner-Symphonien präsentieren.
Durch das Konzert wurde einmal mehr deutlich, wie sehr in Passau ein Konzerthaus fehlt!
Am heutigen Samstag findet das zweite Gründungskonzert in St. Peter mit diesem Programm statt. Beginn ist um 19.30 Uhr.