Jiří Tichý im Museum Moderner Kunst Passau
Die Präsentation von zeitgenössischer Kunst sowie der europäische Moderne hat Museumsgründer Hanns Egon Wörlen, gestorben 2014, als Ausstellungsziele in seinem Museum Moderner Kunst in der Passauer Altstadt formuliert. Dabei war ihm der Blick nach Osteuropa stets wichtig. So sind auch viele tschechische, slowakische und ungarische Namen im Ausstellungsprogramm der Vergangenheit zu lesen, z. B. auch der Künstler Miroslav Tichý.
Typischer Weg einer Ostkarriere
Er ist mit dem jetzt gezeigten Jiří Tichý (1924 – 2013) nicht verwandt. Mit über 100 Werken wird ein Schaffender vorgestellt, dessen Weg als typisch für eine Ostkarriere gesehen werden kann. Wie viele Künstler aus den östlichen Nachbarländern kann er, der Malerei in Prag studiert hat, davon nicht leben. Nach Jobs als Arbeiter und Werbegrafiker widmet er sich – dem Kunsthandwerk zu, den Textilarbeiten. Er entwirft in den 1950er Jahren Muster für Dekorationsstoffe und Gobelins. Später folgen Entwürfe für Fußteppiche. Er konstruiert für sich einen Hochwebstuhl.
In den 1960er Jahren „befreien“ sich verschiedene kunsthandwerkliche Disziplinen vom Diktum, „nur“ Nützliches oder „Brauchbares“ herzustellen. Die Studioglasbewegung in Amerika, mit begründet von dem Glasmacher Erwin Eisch aus dem Bayerischen Wald, wird eine der bekanntesten Bewegungen. Die Neue Textilkunst ist eine andere, die vor allem in Frankreich und Belgien gepflegt wird. Seit der Renaissance waren dies Zentren für Textilkunst, insbesondere für Gobelins.
Mitbegründer der Neuen Textilkunst
Jiří Tichý gilt als einer der Mitbegründer der Neuen Textilkunst und nimmt 1965, 1967, 1969 und 1971 an der Biennale internationale de la tapisserie in Lausanne (Frankreich) teil. Freilich kann er durch politisch bedingten Einschränkungen – er ist Sympathisant des „Prager Frühlings“ – nur teilweise am internationalen Kunstgeschehen teilnehmen. Auch will er sich dem Kunstediktat des Staates nicht unterordnen, der den „Sozialistischen Realismus“ als Richtung vorgibt. Erst nach 1989 ist er von politischen Zwängen befreit.
Die Ausstellung bietet einen Blick auf die tschechische Kunstgeschichte. Im Museum Moderner Kunst sind große Textilarbeiten zu sehen; es sind Werke für die Wand in Collagetechnik. Tichý arbeitet abstrakt mit gegenständlichen Versatzstücken. Nach 2000 hat er keine Textilarbeiten mehr gestaltet.
In der Schau werden Werke aus allen Schaffensperioden von 1940 bis 2008 gezeigt, die alle aus der weltweit größten Privatsammlung von Werken des Künstlers stammen. Die Schau kam zustande durch den westdeutschen Kunsthistoriker und Kurator Prof. Dr. Christoph Brockhaus, der auch die Passauer Ausstellung einrichtete. Ihn verband seit 1969 eine Freundschaft mit dem tschechischen Künstler.
Die Ausstellung wird auch anlässlich 30 Jahre Städtepartnerschaft Passau-Budweis veranstaltet; seit 1952 lebte Jiří Tichý in Budweis; dort starb er 2013 nach kurzer und schwerer Krankheit in seinem Wohnatelier.
Bis 21. Januar 2024; geöffnet täglich außer Mo. von 10 bis 18 Uhr.