Ein Holocaust-Mörder aus Niederbayern

Das Cover. © Verlag Friedrich Pustet

Neues Buch: „Ich habe niemals ein Verbrechen begangen“

Für das Projekt „Täter, Forscher, Trittbrettfahrer“ lieferte Franz X. Keilhofer für den Niederbayern-Band ein Porträt über Josef Glück, NSDAP-Kreisleiter in Vilshofen und Regen und ab 1934 Bürgermeister von Regen und schließlich ab 1936 Bürgermeister von Zwiesel.

Liquidierung des Ghettos in Luzk in der Ukraine

Eine übliche Politkarriere in der Provinz? Mitnichten. Franz X. Keilhofer, promovierter Volkswirt, Politikwissenschaftler und Hobby-Historiker, Jahrgang 1962,  baute seinen Aufsatz aus, forschte weiter und kam zu einem erschreckenden Ergebnis: Glücks Karriere in der NS-Zeit endete nicht in Niederbayern. Der Funktionär aus Niederbayern, der bereits in Ostbayern an der Vertreibung von Juden und der Inhaftierung von nicht NS-konformen Personen beteiligt war, suchte und fand die Nähe zu den NS-Größen Alfred Rosenberg, Alfred Hitler und Heinrich Himmler. Er stieg auf. So wurde Josef Glück Sonderbeauftragter des NSDAP-Reichsleiters, 1941 wurde er zum Osteinsatz abkommandiert. Dabei war er 1942 für die die Liquidation des Ghettos in Luzk in der Ukraine verantwortlich und an den Massenmorden dort beteiligt. Er hatte die Erschießung Tausender Juden in Luzk organisiert. Insgesamt wurden dort 25.000 Jüdinnen und Juden von Deutschen ermordet.

1944 wechselt Glück nach Italien und koordinierte als Leiter der deutschen Besatzung in der Provinz Udine den SS-geführten Einsatz von 40.000 Kosaken und Kaukasiern gegen Partisanen in den Karnischen Alpen.

Von der Staatsanwaltschaft Hannover ist 1964 eine Mordanklage gegen Josef Glück erhoben worden.  In den Prozessakten ist von seiner Mittäterschaft die Rede. Zum Prozess in Hannover erscheint er nicht – er ist laut Attest Reise- und verhandlungsunfähig.

Er selbst behauptet hartnäckig: „Ich habe niemals ein Verbrechen begangen“. Ab 1948 ist er frei. Bis zu seinem Tod 1978 im Alter von 83 Jahren lebt er in Waldkraiburg; beigesetzt ist er in Aldersbach. Juristisch wurde dieser Fall nie aufgeklärt.

Historisch-kriminalistische Dokumentation

Keilhofers Buch ist eine historisch-kriminalistische Dokumentation, die auch den Opfern eine Stimme gibt und zeigt wie ein eigentlich kleiner Funktionär sich zum Karrieristen in einem Terrorregime aufschwingt und zu einem Massenmörder wird.

Lesungen am 21. November in Zwiesel, 18 Uhr im Waldmuseum  und am 30. November in Aldersbach im 18.30 Uhr im Kultur- und Begegnungszentrum.

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Franz X. Keilhofer, „Ich habe niemals ein Verbrechen begangen“, 512 Seiten, Verlag Pustet Regensburg, 39,95 Euro