Persönliche Erinnerungen zum 70. Geburtstag
Als ich im Herbst 1978 zum Studium der Theaterwissenschaft nach München ging, war es eine Selbstverständlichkeit nicht nur Oper und Theater zu besuchen, sondern auch das Kabarett. In diesem Genre fühlte ich mich seit der Gründung des Passauer Scharfrichterhauses besonders wohl. Aufmüpfig sein und dies in künstlerischer Form artikulieren. Ottfried Fischer erlebte ich erstmals in den 1980er Jahren im Hinterhoftheater Ensemble mit dem Ensemble „Machtschattengewächse“.
Was, aus Niederbayern soll er sein? Von der Scharfrichterszene kannte ich ihn nicht. Den Ort du den Hof in Ornatsöd im Bayerischen Wald bei Untergriesbach musste ich erst auf der Landkarte suchen. Aha, hier ist er her. Später lernte ich seinen jüngeren Bruder Werner kennen, der den Hof übernahm – und Ottfried Fischer ein Leben lang verbunden bleibt.
Ein cooler Schüler im „Schlampus“
Eine neue Seite von Ottfried Fischer lernte ich später durch meinen Schwager Georg kennen, der mit Ottfried Fischer auf dem Internat in Fürstenzell (Landkreis Passau) war. „Kiri“ erinnert sich an den um einige Jahre Älteren: „Wir haben ihn immer bewundert, er hat Fresspakete von zu Hause bekommen und sich von den Lehrern nichts sagen lassen. Er war schon damals sehr cool und machte das, was er wollte.“ Zum Beispiel Theaterspielen, womit er alle begeisterte oder die Schülerzeitung „Schlampus“, die „Kiri“ noch aufgehoben hat. Seine Mitschüler nannten Otti Fischer damals „Kuno“; in der Schülerzeitung Heft 1, 1974 ist ihm eine Seite gewidmet. Schlafen und vom Schlafen träumen sind damals als seine Hobbys genannt . . .
Fischer begann auf Wunsch des Vaters, Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität München zu studieren, brach allerdings nach wenigen Semestern ab. Als sein Entdecker gilt der Kabarettist Werner Schneider, der ihn 1983 in seine Fernsehshow „Meine Gäste und ich“ einlud. Seinen Weg als Kabarettist begann er in München: 1978 war er Mitglied der Kabarettgruppe „Machtschattengewächse“, u. a. mit dem Programm „Menschen sind keine Tomaten“. Ab 1983 gab es das Duo Ottfried Fischer und Jockel Tschiersch mit ebenfalls drei Programmen, u. a. „Mattscheibchenweise kommerzwärts“ (1981).
Mit seinem ersten Soloprogramm trat Fischer 1989 auf: „Schwer ist leicht was“. Weitere Programme waren: „Was tun“ (1994) und „Wo meine Sonne scheint“ (2008), seine Premiere in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Kurz darauf begann auch seine Zusammenarbeit mit dem Quartett „Die Heimatlosen“. Die meisten Programme habe ich gesehen, in München oder auch im Passauer Scharfrichter, in der niederbayerischen Kabarett-Schmiede, wo der erst nach den Erfolgen in München auftrat.
Der Chor der Freunde: „We are fishermann’s friends“
Mehr als 170 Mal moderierte er von 1995 bis Ende 2012 die Kabarettsendung „Ottis Schlachthof“ im Bayerischen Fernsehen. In der Schlussendung sangen die Kollegen, die er eingeladen und oft auf groß gemacht hatte: „We are fishermann’s friends“ – und ein gerührter Otto Fischer hatte Tränen in den Augen.
Ab 2014 moderiert er „Fischer Ottis Aquarium“. Für sein Kabarett erhielt er zahlreiche Preise, darunter der „Salzburger Stier“ (1985) und der Deutsche Kleinkunstpreis (1986). Parallel dazu startete er eine Karriere als vielbeschäftigter Schauspieler.
„Sir Quickly“: der Durchbruch im Fernsehen
Der große Durchbruch im Fernsehen kam mit der Rolle „Sir Quickly“ in Franz Xaver Bogners TV-Serie „Irgendwie und sowieso“ und als Felix in „Zur Freiheit“. Warum „Irgendwie und sowieso“ Kult wurde? Das sieht man eigentlich erst heute. Es war der Aufbruch der 1968er-Generation der hier nachwirkte. Die Beatles, der Hippie-Kult, der Traum vom freien Leben – ja man wollte damals keine Serienteil verbannen. Neben Otti Fischer als aufmüpfiger Bauernsohn war damals Elmar Weppr als Gang-Anführer und Autoschrauber zu sehen, Autorennen inmitten der Stadt inclusive. Und da war noch Tango, der Musik machende Postbote, gespielt von Bruno Jonas. Er verunglückt, in dem er in eine Grube fällt. Das Ende der Serie: Ein Hippie-Begräbnis und das Ende einer Freundesclique, die jetzt erwachsen wird.
Kein Wunder, dass diese Serie – gespickt mit Musik der Zeit – Kult wurde. Noch heute sitze ich bei Wiederholungen vorm Fernseher!
Bulle und „Tabernakel-Kolombo“
Die größten TV-Erfolge konnte Otti Fischer als „Bulle von Tölz“ und als „Pfarrer Braun“ in den jeweils gleichnamigen Serien einfahren. 14 Jahre lang war er Kultkommissar Benno Berghammer. Der „Bulle“ bekam ein eigenes Museum in dem oberbayerischen Kurbad. Als „Tabernakel-Kolombo“ ist er auch bei den Wiederholungen ein Quotenhit.
2008 machte Fischer seine Parkinson-Erkrankung öffentlich. „Nur so kann ich den kräftezehrenden und belastenden Druck beenden“, erklärte er damals in einem öffentlichen Statement. Mit Lesungen und mit Kabarett-Programmen ist er weiter auf Tour. Ab 2012 zieht er sich mehr zurück.
Leben in Gauting und Passau
Sein von den Großeltern geerbtes Haus in Passau nahe dem Inn öffnete er als Hochwassermuseum, angeregt durch die große Flut 2013 und die solidarischen Hilfsaktionen. Das renovierte Haus seiner Großeltern bewohnt er abwechselnd mit seinem neuen Haus in Gauting.
2020 heiratete er seine langjährige, 17 Jahre jüngere Lebensgefährtin Simone Brandlmeier, eine ehemalige Hotelfachkraft. Wie er selber sagt ist sie „ein Glücksfall“ für ihn. Wer den liebevollen Umgang der beiden miteinander sieht, kann dies nur die bestätigen.
Ein Prosit auf eine beeindruckende Karriere gibt es heute Abend im Augustiner-Keller in München, wo Ottfried Fischer mit Familie und Freunden im Augustiner-Keller in München feiert.
Am 9. November 2023 wird ab 21 Uhr noch einmal die Verleihung des Bayerischen Kabarettpreises 2023 ausgestrahlt, die am 6. November im Münchner Lustspielhaus aufgezeichnet wird. Während der Veranstaltung wird Regisseur Franz Xaver Bogner (74) Fischer ehren und an die wichtigsten Stationen des berühmten Bayern erinnern.
Happy Birthday, lieber Ottfried Fischer, ad multos annos! Mit Humor und Simone ist alles zu schaffen.