„Kriemhild“ am Dom in Passau: ein gigantisches Erlebnis

Die beleuchtete Domkulisee mit den Akteuren im Vordergrund: das Symphonische Orchester des Konzertvereins mit Dirigent Markus Eberhardt und den Solisten Theresa Pilsl und Miroslav Nemec.© Edith Rabenstein

Europäische Wochen mit Nibelungenlied eröffnet

Nach 800 Jahren ist das bekannteste deutsche Epos an seinen Entstehungsort zurückgekehrt: Im Umfeld des kunstsinnigen Bischof Wolfger von Erla soll es entstanden sein. Mit der Aufführung von  „Kriemhild – ein sinfonisches Spiel zum Nibelungenlied“ von Enjott Schneider vor dem Passauer Dom sind die 72. Festspiele Europäische Wochen eröffnet worden.

Für die 700 Zuschauer war es ein gigantisches Erlebnis. Nicht wenige waren auch im Vorjahr dabei, als „Kriemhild“ die Uraufführung in der Dreiländerhalle erlebte.

Gestraffte Fassung

Für das Open Air wurde die musikalische Fassung verdichtet, Wiederholungen gestrichen und einiges gekürzt. Komponist Enjott Schneider und Dirigent Dr. Markus Eberhard, der sowohl bei der Uraufführung als auch am zweiten Abend, an seinem 46. Geburtstag,  am Pult stand, ist eine stringente, in sich geschlossene Fassung gelungen. Das hoch konzentrierte Symphonie-Orchester des Passauer Konzertvereins war zu bewundern, dass es bei 30 Grad noch in der Nacht  die Mammutpartie so exzellent musizierte. Denn von den 60 Musikern sind 90 Prozent Laienmusiker und nur zehn Prozent Profis!

Auch war es eine gute Entscheidung, das jetzt auf 80 Minuten gekürzte Stück ohne Pause zu spielen. Denn im vergangenen Jahr hat die Pause die Wucht und Dramatik dieses Stücks, das von dem Rachefeldzug Kriemhilds und mehr als 100 000 Toten am Hof Etzels erzählt, empfindlich gebremst.

Chor mit Profis verstärkt

Auch eine weitere Neuerung hat dem symphonischen Spiel sehr gut getan: Der Chor wurde auf 60 Mitglieder verstärkt; dem Laienchor wurden Profis an die Seite gestellt: der Chor der KlangVerwaltung unter der Leitung von Christiane Büttig. Der Klangkörper war gut hörbar und verstehbar.

„Tatort“-Kommissar Miroslav Nemec ist ein prägnanter Erzähler in dem sinfonischen Spiel.
© Edith Rabenstein

Der Dirigent führte die Solisten wiederum gut durch die Partitur: die wundervolle Harfenistin Laima Bach (Soloharfenistin der Niederbayerischen Philharmonie), die Sopranistin Theresa Pilsl, die die mädchenhafte Prinzessin lyrisch-zart darstellte und die tieftraurige Witwe dramatisch-verzweifelt. „Tatort“-Kommissar Miroslav Nemec war wieder ein prägnanter Erzähler.

Neu war auch, dass das Libretto beilag. Ein guter Service, der vielleicht auch anregt, das gesamte Nibelungenlied wieder einmal zur Hand zu nehmen.

Die Lichtkunst am Dom machte mit den strömenden Kaskaden und goldgelb schwingenden Kreisen viel her, war aber beliebig. Wenn nicht das Gesicht Kriemhilds aufgetaucht wäre, hätte es keinen Bezug zum Nibelungenlied gegeben. Dies war im vergangenen Jahr treffender und spannender.

Es war nicht die letzte Aufführung

Jubel gab es für alle Verantwortlichen, so für die Konzertmeisterin Margit Weinberger, die das eindringliche Solo des Spielmanns am Hof Etzels interpretierte, für Komponist Enjott Schneider, der am Schluss auf die Bühne kam, und für Intendant Dr. Carsten Gerhard, der die Idee und das Konzept des Projekts entwickelte. Er verkündete, dass es nicht die letzte Aufführung sein wird. Bravo!

Lesen Sie auch, wie es im letzten Jahr war und was Komponist Enjott Schneider im Interview mit mir  in der Passauer Neuen Presse über die musikalische Struktur seines Stückes sagte.

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