Der Schauspieler wird in Passau für sein soziales Engagement ausgezeichnet
Seit 28 Jahren besteht MENSCHEN in EUROPA, die Reihe, die Angelika Diekmann, Verlegerin der Mediengruppe Bayern, in Passau ins Leben gerufen hat. Damit hat sie den Menschen der Region und den Mediennutzern von der klassischen Zeitung bis zum Internet, die Möglichkeit gegeben, Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen kennenzulernen.
Außerdem wird jährlich der MENSCHEN-in-EUROPA-Award für besondere Dienste verliehen.
Heute Abend ging er an den österreichischen Schauspieler Tobias Moretti. Aber nicht für seine darstellende Kunst auf der Bühne, der Leinwand und im TV, sondern für sein soziales Engagement.
Schirmherr für „Ein Licht im Advent“
Als Botschafter der Concordia Stiftung in der Republik Moldau übernimmt Tobias Moretti die Schirmherrschaft für die diesjährige Spendenaktion „Ein Licht im Advent“ der Passauer Neuen Presse, die in Kooperation mit der Concordia Sozialprojektstiftung durchgeführt wird. Die Spenden kommen den Kindern in der Republik Moldau zu Gute.
Dr. Antonia Rados, langjährige Kriegsreporterin beim ORF, ist Kuratorin der Concordia Sozialprojekte, und erzählte von der Arbeit der Vereinigung, die nicht Geld auszahle, sondern das, was am meisten benötigt werde, das könne z. B. Holz, Essen oder auch Schulbücher sein.
Das Podiumsgespräch mit Tobias Moretti führte die österreichische Journalistin und Talkmeisterin Dr. Vera Russwurm.

Man könnte sagen: Er kam, sah und siegte.
Seine Augen blitzten so blau wie in den Kinofilmen und auf der Bühne. Tobias Moretti, in schwarzem Anzug und schwarzem Rolli mit hellbraunen Boots, gab sich offen, natürlich spontan – ohne Starallüren. Das Thema war „Leben und Engagement“.
Er gab viel von seinem Privatleben preis, was den Abend spannend machte, denn das künstlerische Leben kennt man ohnehin. Durch die Nähe zu Salzburg und zu Wien und zu München, die drei wichtige Stationen in der Entwicklung des Schauspielers bedeuteten. Er erzählte viel „von unserem Dorf“, wo er das erste Mal bemerkte, dass man Kindern ein neues Leben bieten und sie integrieren kann, als von der rumänischen Geheimpolizei geschundene Zwillinge aus Rumänien in seinem Dorf eine neue Heimat gefunden hatten.
Am Anfang war die Musik
Nach seinem dramatischen Verständnis gefragt, sagte er: „Mein dramatisches Verständnis kommt von der Musik.“ Er hat ja auch Musik studiert und Komposition studiert, dann aber abgebrochen, weil es ihm „zu mathematisch“ war. Die Liebe zur Musik aber ist geblieben: Er spielt Blas-, Saiten- und Tasteninstrumente, macht gerne Hausmusik („Auch meine Kinder habe ich zur Musik erzogen, gezwungen.“). In dem Film „Der Kronzeuge“ spielte er die Kirchenorgel selbst. „Es ist ein unglaublicher Moment, wenn man Klang zusammenführt“, sagt der Schauspieler. Außerdem sagt er augenzwinkernd: „Jede Form von Anarchie kann man mit einem Instrument ausüben.“
Moretti war auch mal Fernfahrer

Er hat auch Opernregie gemacht unter der musikalischen Leitung von Nikolaus Harnoncourt, von dem er schwärmt: „Es war eine tolle Arbeit mit ihm. Er hat bemerkt, dass ich inhaltlich über die Musik inszeniere. Wir haben uns gut verstanden.“
Was sicher viele im Publikum nicht wussten: Tobias Moretti hat auch einmal als Fernfahrer gearbeitet, damals, als er sein Musikstudium abbrach. Sein Vater habe gesagt, Du musst jetzt was arbeiten, dann hat er eben das gemacht. Damals, bevor er an der berühmten Falkenberg-Schauspielschule in München angefangen hatte. Er wurde sofort genommen.
Als Russwurm sagte, Veronica Ferres, Superstar des deutsche Kinos, habe es an sieben Schauspielschulen probiert, bis sie genommen wurde, meinte er nur: „Ich hätte nicht das Selbstbewusstsein gehabt, es noch einmal zu probieren.“
Man glaubt ihm das, den bodenständigen Tiroler, der in Gries am Brenner geboren ist.
Scheitern gehört zu seinem Weg
„Man kommt nur weiter, wenn man stolpert“, sagte er zu seiner Karriere. Auch wenn es so aussah, als ginge es immer bergauf, sei das für ihn nicht so gewesen. „Auch wenn sich manchmal etwas als Erfolg darstellte, war es für mich nicht so“. Als Beispiel nannte er den „Faust“, wo er mit der Perspektive des Regisseurs nicht zurecht gekommen sei.
Theater habe er nie aufgehört. „Jedes Theaterstück ist die Essenz dessen, was in der Welt passiert.“ Im Film könne man mogeln, als Schauspieler im Theater nicht. Im Film gebe es nicht die Substanz wie im Theater. Das war auch ein Grund, dass er in der 4. Staffel von „Kommissar Rex“ – im größten Erfolg – aufgehört habe.
Der gläubige Christ brach auch eine Lanze für die Kirche und kritisierte, dass heute Vernunft oft genug den Glauben ersetze. „Vernunft ist eigentlich das Asozialste, was es gibt.“ Denn sie sei auf sich selbst und den eigenen Vorteil gerichtet. Er kenne viele Kirchenleute, die immer für die anderen da seien. und „wir haben einen Papst, der cool ist“.
Zweitberuf: Bauer
Neben seinen Beruf des Schauspielers hat er Tobias Moretti einen zweiten Beruf. Er ist Landwirt. Das wird „Bio“ mag er nicht, denn in einer bergbäuerlichen Struktur wie in Tirol sei immer alles biologisch, weil es anders gar nicht gehe. Den Hof besitzt er seit 1996. Als Gemüsebauer arbeitet er seit 2013. 20 Rinder hat er und er produziert 2 Tonnen Zucchini täglich.
Er hoffe darauf, dass seine jetzt 13-jährige jüngste Tochter den Hof einmal übernehme. Seine anderen beiden Kindern sind Lenz und Antonia sind Schauspieler.
Gefragt nach seinem liebsten Film, den er immer wieder anschauen könne, kommt – wie aus der Pistole geschossen: „Stille Nacht“: „Das ist eine tolle Geschichte. Da vergesse ich, dass ich es bin.“
„Die Kunst schärft die Urteilskraft“
Vor der Preisübergabe an Tobias Moretti sagte Laudatorin Angelika Diekmann u. a.: „Wir brauchen diese Sprache der Kunst gerade jetzt dringend. Denn Kunst schärft die Urteilskraft. Und die braucht es, um unsere freiheitliche Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Mit der Sprache der Kunst aber gelingt es Ihnen, Menschen grenzübergreifend anzusprechen. Sie sind ein außergewöhnlicher Akteur als Grenzgänger zwischen den Welten des Kinos, des Fernsehens und des Theaters.“