Abschlusskonzert der Europäische  Wochen mit Lichtkunstshow

Die Münchner Philharmoniker mit Lorenz Nasturica-Herschcowici (l.) und Lillevan (r. Mitte). © Edith Rabenstein

Kammerorchester der Münchner Philharmoniker und Videokünstler Lillevan

So freudig festlich wie die Saison zum 7o. Jubiläumsjahr der Europäischen Wochen (EW) begonnen hatte, ist sie am Wochenende zu Ende gegangen: Mit einem Konzert des Kammerorchesters der Münchner Philharmoniker unter Lorenz Nasturica-Herschcowici und einer Lichtkunstshow von Lillevan am Samstagabend in der  Studienkirche Passau.

Der Ortswechsel war richtig

Freilich, als man fast um hab zwölf Uhr nachts vor die Kirche trat und von einer lauen Sommernacht umfangen wurde, hatte so mancher gedacht: Hätte man den ursprünglich geplanten Veranstaltungsort auf der Waldbühne auf Oberhaus nur beibehalten! Und doch: Der
Ortswechsel war richtig. Nur zu genau hat die Autorin in Erinnerung, wie man  im vergangenen Jahr wegen eines starken Windes und einer aufziehenden Gewitterfront die Veranstaltung in letzter Sekunde absagen mussten und rund 2000 EW-Besucher zu ihren Autos eilten, um dem dann einsetzenden Unwetter zu entkommen. Auch wenn die Altstadtmauern die Hitze der Sommertages hervorragend gespeichert haben, auf Oberhaus wäre die Kühle und Feuchtigkeit der Nacht zu spüren gewesen. Und: Den feuchtigkeitsempfindlichen Holzinstrumenten hat die Kirche viel besser getan, nicht zuletzt der Geige „Rodewald“ von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1713, die Lorenz Nasturica-Herschcowici spielte. Der Musiker, der Konzertmeister der Münchner Philharmoniker ist, tritt als Solist auf und leitet das Münchner Kammerorchester.

Lorenz Nasturica-Herschcowici als Solist und Ensembleleiter

In Passau war er in beiden Funktionen zu erleben. Das Programm war zweigeteilt, wie EW-Intendant Dr. Carsten Gerhardt, in seiner kurzen Rede betonte. Richard Strauss´ „Metamorphosen für 23 Solostreicher“ führten in die Nachkriegszeit zurück. Sie entstanden 1945 aus dem Erlebnis der Zerstörung der Theater und Städte, speziell Münchens. Der zweite Teil sei der „Freude und Leichtigkeit“ gewidmet mit Kompositionen zu den Jahreszeiten, so der Intendant.

„Die Jahreszeiten“ von Vivaldi

Das Ensemble breitet einen dichten und feingewebten Streicherteppich aus. Temperamentvoll und doch die tiefe Tragik inbrünstig herausarbeitend interpretiert Nasturica-Herschcowici die Solopartien. Die Musiker spielen fein dynamisch abgestuft die tieftraurige Musik, die wie ein Klagelied zelebriert wird. Sie artikulieren aber auch bestens die bei Richard Strauss üppig blühende Klangvielfalt. Ein besonderer Moment ist natürlich, wenn Beethovens „Trauermarsch“ aus der „Eroica“ erklingt. Zu Recht gibt es Jubel für diese kompakte und feinfühlige Interpretation.

„Die Jahreszeiten“ von Piazzola

Nach der Pause erlebt man eine ganz andere Stimmung, unterstützt durch die Lichtkunst von Lillevan. Aber bleiben wir erst bei der Musik. Hier wurden zwei sehr bekannte Werke aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ gegeben:  „La primavera, Violinkonzert E-Dur RC 269“ und „L` inverno, Violinkonzert f-Moll RV 297“. Leicht und schnell agierten jetzt die Musiker, ließen den federnden Rhythmus und die in Klang gegossenen Naturerscheinungen auf die Hörer in der Kirche niederprasseln. Schon die drei Violinen, die im „Frühling“ Vogelstimmen ertönen ließen, entzückten ebenso wie das Pizzicato der Geigen im „Winter“, die Kälte und Zittern simulierten.Der große argentinische Komponist und Bandoneonist und der Begründer des „Tango nuevo“, Astor Piazolla,  hat – inspiriert von seiner Barock liebenden Lehrerin Nadine Boulanger – sich ebenfalls den Jahreszeiten, „Las Cuatro Estaciones Porteñas“, gewidmet. Die ersten beiden Kompositionen wurden gespielt: Sommer und Herbst – und damit hat der EW-Besucher – zusammen mit Vivaldi – alle vier Jahreszeiten gehört.Es war ein Wechsel in eine andere musikalische Welt, was Dirigent Lorenz Nasturica-Herschcowici gleich durch das Fingerschnalzen anzeigte. Hitze, Liebe, Glut – das alles legten die Musiker in die Interpretation dieser Jahreszeiten. Immer wieder brach der Tango durch.

Zugabe aus Tango-Oper „Marià de Buenos Aires“

Zum Höhepunkt geriet schließlich die „Fuga y Mysterio“, der fünfte Teil der Tango-Oper „Marià de Buenos Aires“. Da erkannte man einmal mehr, in welch hochvirtuose Musik für Instrumentalensemble Piazolla den traditionellen Tango geführt hat. Großartig am Schlagwerk: der junge Michael Leopold, der seit der Spielzeit 2016/17 festes Mitglied der Münchner Philharmoniker ist. Diese (zweite) Zugabe riss schließlich das Publikum von seinen Sitzen, und ließ den Beifall für diese großartigen Darbietungen und auch für Videokünstler Lillevan prasseln.

Eine Klasse für sich: Lillevan

Geheimnisvoll: Die Lichtkunstshow von Lillevan. © Edith Rabenstein

Der Animations-, Video- und Medienkünstler Lillevan schuf eine Lichtkunstshow zur Musik. Sie war wesentlich durch Sequenzen gestaltet, die man als von der Natur inspiriert deuten kann. Man vergesse nicht: Die Show war für open air auf der Waldbühne geplant. Trotzdem funktionierte sie im vorderen Kirchenraum ganz gut. Lillevan hatte verschiedene Farbsequenzen für die Musik gewählt: für die Vivaldi-Stücke waren es z. B. Grüntöne, die mehrdeutig aufgefasst werden konnten. Da wogten grüne Riesengräser und explodierten Farbfelder. Für die argentinische Musik schuf er explosive rote und leuchtend gelbe Texturen und am Ende liefen goldene und silberne Flüsse und Fäden wie nie endender Regen oder wie nie endende Emotionen über die Wände des Altarraumes. Das war schon eine Klasse für sich! Die Lichtshow hätte allerdings im Freien sicher noch mehr Eindruck hinterlassen, aber sie war auch im Innenraum überwältigend.

Sympathische Geste am Schluss

Eine sympathische Geste gab es zum Abschluss der 70. Jubiläumsfestspiele: Vorstandsvorsitzende Rosemarie Weber und Intendant Dr. Carsten Gerhard baten die Mitglieder des großen EW-Teams nach vorne und überreichten jeweils eine Sonnenblume als Dankeschön. So haben auch die Fleißigen hinter den Kulissen ein Gesicht bekommen! Danke ist ein Wort, das man leider viel zu wenig sagt.

Also: Danke an Europäischen Wochen für diesen Jubiläums-Festspielsommer!

Lesen Sie meine Beiträge zu den EW:

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Neuer Festredner bei den Europäischen Wochen

1200 Musikfreunde bejubeln Rolando Villazón

Klare Haltung der Europäischen Wochen Passau: Kein Konzert mit Valentina Lisitsa

Eröffnung der 70. Europäische Wochen Passau

Lesen Sie meine Beiträge in der Passaur Neuen Presse unter:

http://www.pnp.de/themen/e/europaeische-wochen